Vampir-Horror-Roman Nr. 186: Der Ruf des Werwolfs

Vampir-Horror-Roman Nr. 186: Der Ruf des Werwolfs


Der Vollmond tauchte den Hügel in silbernes Licht. Hinter den Nadelwäldern ragte ein Berg in die Höhe. Die frostklare Nacht war ruhig. Nur ab und zu ertönte der Ruf der Wildgänse, die flügelschlagend vorübergezogen, um sich irgendwo einen einsamen See zu suchen. Wenige Meter vom Waldrand entfernt saß ein Mann mit dem Rücken gegen einen gewaltigen Findling. Er stellte den Kragen seiner Lammfelljacke höher und warf einen Blick auf die Uhr: Zwei Stunden nach Mitternacht. Seufzend lehnte er sich zurück. Wenn er Pech hatte, würde sich die Bestie heute Nacht gar nicht zeigen, obwohl ihm das ziemlich unwahrscheinlich erschien. Nur noch zwei Nächte, dann war der Mond im Abnehmen begriffen. Diese Mondphase konnte ein Werwolf nicht außer acht lassen. Der Mann war groß und kräftig gebaut. Den tiefliegenden Augen in seinem Adlergesicht schien nichts zu entgehen. Immer wieder blickte er hinunter auf das schlafende Dorf, wo die Bestie herkommen mußte. Es gab nur einen schmalen Fußweg, den der Werwolf benutzen konnte, wenn er sich unter den bereits tragenden Mutterschafen ein Opfer suchen wollte, und den konnte der Mann einsehen. Automatisch fühlte er nach seinem Gewehr, das neben ihm lehnte. Um jeden Augenblick bereit zu sein, entsicherte er es und legte es quer über die Knie. Der Lauf glänzte im Mondlicht. Mit seinen kräftigen Fingern strich er über das Zielfernrohr. Er konnte es sich nicht leisten danebenzuschießen. Von seiner Treffsicherheit hingen in dieser Nacht zu viele Menschenleben ab. Das Blut strömte schneller durch seine Adern. Die alte Jagdleidenschaft hatte ihn gepackt. Seit seinem letzten derartigen Auftrag waren zwei Jahre vergangen, was ihm wie eine Ewigkeit erschienen war.


von Guy Smith, erschienen 1976, Titelbild: Nikolai Lutohin
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Dieses Motiv wurde auch schon für den Grusel-Schocker Roman Nr. 2 verwendet:

Grusel-Schocker Nr. 2: Der Wolfsmensch


Außerdem zierte es schon den Tony Ballard Roman Nr. 143:

Tony Ballard Nr. 143:Das Böse wohnt in Harkerville