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Ich war auf dem Weg zu Melissas Party, erwartete einen angenehmen Freitagabend
und befand mich in bester Stimmung. Die Hitze hatte nachgelassen. Ein frischer
Wind kam von den Bergen und fegte über den heißen Beton und Teer
der Stadt. Es dämmerte bereits, als ich das Heldenberger Villenviertel
erreichte. Der Verkehr war mäßig. Die meisten hatten die Stadt
wohl bereits verlassen, um das Wochenende in Grünen zu verbringen. Ich
fühlte mich fast wie ein Zeitreisender. Vor zwanzig oder dreißig
Jahren mußte es hier immer so still und friedlich gewesen sein. Ich
hielt wieder einmal vor einer roten Ampel. Aber selbst rote Ampeln vermochten
meiner Laune nichts anzuhaben. Dann sah ich ein Mädchen aus der
Querstraße kommen. Es war so hell, daß ich sie gut erkennen konnte.
Sie stolperte und suchte an der Hausmauer Halt. Das war es nicht, was mich
stutzig machte. Es war die Art, wie sie sich festhielt. Sie trug ein helles
Kleid und eine Weste. Da sie den Kopf gesenkt hielt, verdeckte das schulterlange
Haar ihr Gesicht. Aber im nächsten Augenblick hob sie es und ich sah
die Angst in ihren hübschen Zügen. Hinter mir begann ein Hupkonzert,
denn die Ampel war inzwischen grün geworden. Aus dem Augenwinkel sah
ich das Mädchen hastig weitergehen. Ich fuhr los, um die Fahrer hinter
mir nicht zu reizen. Sie hatten offenbar nichts bemerkt. Ich schüttelte
den Kopf. Möglich, das ich mich geirrt hatte. In der Dämmerung
sah man die Dinge nicht mehr so deutlich. Aber es ließ mir keine Ruhe,
obwohl mich die Sache nichts anging. Ich fuhr rechts an den Gehsteig und
wartete, bis die Straße frei war. Dann gab ich mir einen Ruck und wendete.
Als ich zur Kreuzung gelangte, war wiederum rot. Diesmal fluchte ich.