Silber-Krimi Nr. 1023: Die Zerfetzten von Cheston Abbey
Silber-Krimi Nr. 1023: Die Zerfetzten von Cheston Abbey


Duncan Newman betätigte immer wieder den Anlasser, doch es führte zu nichts. Entweder war die Batterie leer, oder der Motor hatte Launen. Auf jeden Fall saß er fest und konnte weder vor noch zurück. Er zündete sich erst mal eine Zigarette an. Ein Blick auf seine Armbanduhr belehrte ihn, daß es noch eine halbe Stunde bis Mitternacht war. Die Nacht war rabenschwarz, wenn man vom gelegentlichen Aufleuchten weiträumiger Flächenblitze absah, die für Sekunden die trostlose Szenerie in fast taghelles Licht tauchten. Der nachfolgende krachende Donner machte glauben, der jüngste Tag sei angebrochen. Das Wageninnere war eine Oase der Zuflucht und Trockenheit. An den Scheiben rannen Sturzbäche hinunter. Er blies den Rauch der Zigarette aus und schüttelte den Kopf. Es war schon ein trauriges Los, das man als Handelsvertreter führte. Tagaus, tagein um des lieben Brotes wegen auf der Landstraße zu fahren, bei Wind und Wetter und sogar noch mitten in der Nacht. Natürlich, mußte er zugeben, im vorliegenden Falle war er selbst schuld. Er hätte nicht den lächerlichen Ehrgeiz haben, heute abend noch nach Hause zu kommen, sondern lieber in dem Gasthof in Cavalargie übernachten sollen, in dem er zu Abend gegessen hatte. Aber wie es einem armen geplagten Menschen so geht, der fünf Tage lang in der Weltgeschichte herumzigeunert: Am Wochenende wenigstens möchte er zu Hause bei Frau und Kind sein. Er hatte nichts Besonderes dabei gefunden, gegen neun noch zu starten, zumal er nicht mit diesem furchtbaren Wetter hatte rechnen können. Als er abfuhr, war der Himmel noch klar gewesen. Lediglich am westlichen Horizont hatte es leicht gewetterleuchtet. Dummerweise hatte er sich auch noch verleiten lassen, bei Eastcross den Highway zu verlassen und eine Nebenstraße zu benutzen, die laut seiner Karte eine Abkürzung bedeuten sollte. Hierbei hatte er sich jedoch erheblich verrechnet. Die kleine Landstraße war in einem miserablen Zustand und bei dieser Sintflut völlig aufgeweicht. Abgesehen davon, daß sein Auto streikte, saß er auch noch im Dreck fest. Duncan Newman überlegte. Die ganze Nacht hier im Wagen zu verbringen, war reichlich unbequem, aber es würde ihm wohl kaum etwas anderes übrigbleiben. Die nächste Ortschaft war laut Straßenkarte zwei Meilen in südöstlicher Richtung entfernt. Wer bei diesem Wolkenbruch das schützende Dach verließ. war nach höchstens zwei- oder dreihundert Schritt naß bis auf die Haut.


von John Taylor (Thomas R.P. Mielke), erschienen ???, Titelbild: R.S. Lonati

Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Motiv war auch schon auf dem Titelbild des Larry Brent-Romans Nr. 86 zu finden:

Larry Brent Nr. 86: Spukschloß im Mittelpunkt der Erde


Und auch auf dem Cover des Geister-Schocker Nr. 23 war die Szene abgebildet:

Geister-Schocker Nr. 23: Medium der Dämonen