Silber-Grusel-Krimi Nr. 106: Totenkopf-Roulette
Silber-Grusel-Krimi Nr. 106: Totenkopf-Roulette


Der Mann erschien pünktlich im Büro. Anabelle Chantrue hob den Blick. In den dunklen Augen der attraktiven grazilen Französin blitzte es kurz auf. Was für ein Mann! Zwei Meter groß schätzte sie ihn, mit Schultern, breit wie ein Schrank. Der Besucher war salopp gekleidet, trug einen roten, gepflegten Vollbart, hatte eine gerade, aristokratische Nase und der Duft eines dezenten Männerparfüms haftete ihm an. "Sie sind Fürst Iwan." Es klang nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung. Der kräftige Russe nickte und lächelte. Seine makellos weißen Zähne blitzten. Iwan Kunaritschew reichte der hübschen Französin die Hand. Anabelle kam hinter dem Schreibtisch hervor. "Mein Vater erwartet Sie schon, Fürst. Vor wenigen Augenblicken hat er noch nach Ihnen gefragt." "Es ist schön, wenn man Freunde im Ausland hat", sagte Iwan Kunaritschew. "Es ist dann leichter, Fuß zu fassen und seinen Geschäften nachzugehen. Ich bin Ihrem Vater sehr, dankbar, daB er bereit ist, sich meiner anzunehmen. Er ist in Paris ein bekannter und einflussreicher Mann." Anabelle Chantrue lächelte, legte die schmale Hand auf die Klinke des Arbeitszimmers und drückte sie herab. Kunaritschew nahm die Fingerspitzen der Französin und hauchte galant einen Kuß auf den Handrücken: "Sie sind zauberhaft, Mademoiselle? Ich hoffe, daß Sie mir die Gelegenheit. geben, Sie mal in Paris auszuführen." "Darüber können Sie ja ein Wort mit meinem Vater reden." Sie öffnete die Tür ganz. Iwan Kunaritschew, der sich seit drei Tagen in Paris aufhielt, im besten Hotel der Stadt abgestiegen war, hatte sich als Fürst Iwan bekannt gemacht, und so war seine Ankunft auch aus Amerika angekündigt worden, wo die Familie fünf Jahrzehnte lebte. Iwan Kunaritschew, als jüngster Sproß der Fürstenfamilie, war angeblich beauftragt, mit den Honoratioren der Stadt und den Finanzmagnaten bekannt zu werden, um über ein millionenschweres Geschäft zu verhandeln, das auf privatwirtschaftlicher Basis durchgeführt werden sollte. Das Geschäft und der Fürst waren Vorwand.


von Jürgen Grasmück, erschienen 16.12.1975, Titelbild: R.S. Lonati

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Silber-Grusel-Krimi Romans wurde auch schon auf dem Cover des spanischen Comic-Magazins FANTOM Nr. 24 verwendet:

Fantom Nr. 24