Professor Zamorra Nr. 909: Drachentod
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Es war schon weit nach Mitternacht, als es an der Tür klopfte. Der alte
Fischer und seine Frau bewohnten ein bescheidenes Haus auf der zu Hongkong
gehörenden Insel Cheung Chau. Sie schauten sich gerade die Wiederholung
einer Kung-Fu Serie aus den Siebzigern an und wollten danach zu Bett gehen.
Irritiert sah Tang Chau-Sang seine Frau an. Sie bekamen nie Besuch um diese
Zeit. Wer konnte so spät noch etwas von ihnen wollen? "Vielleicht ist
es Chin-Li?", flüsterte Tso-Yin. Vor gut einem Jahr hatte ihre verloren
geglaubte Tochter zu ihnen zurückgefunden. Es war ein Wunder, für
das sie ihrer Schutzgöttin Tin Hau jeden Tag dankten. Doch Chin-Li besuchte
sie nur sehr selten - und sie klopfte nie an die Vordertür. Es klopfte
erneut. Drängender diesmal. "Ich sehe nach", sagte Tang. Er stellte
den Fernseher leiser und ging in den Vorraum. "Wer ist da?" "Bitte machen
Sie auf!", sagte eine weibliche Stimme. Sie klang gehetzt. "Was wollen Sie?"
"Bitte, es ist lebenswichtig! Ich habe eine Nachricht für Chin-Li!"
von Andreas Balzer, erschienen am 31.03.2009, Titelbild: Candy Kay
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Zwei Wertigerinnen überfallen Chin-Lis Eltern, hinterlassen aber keine
Leichen. Hinter dem feigen Anschlag steckt Lam Chi-Wei, der mächtigste
Magier, der in den Diensten der Neun Drachen steht. Scheinbar will Lam die
neun Oberhäupter der Organisation beseitigen und sich selbst zum
Anführer der Neun Drachen machen. Aus diesem Grund will er auch die
ehemalige Profikillerin Chin-Li vernichten, die er immer noch als
Hochverräterin ansieht, obwohl die Oberhäupter der Neun Drachen
der zierlichen Kriegerin bereits verziehen haben. Professor Zamorra und Nicole
Duval haben den Neun Drachen und Chin-Li in der Vergangenheit ebenfalls des
öfteren geholfen und stehen damit ebenfalls auf der Abschussliste von
Lam Chi-Wei. Mit einer List lockt er seine Feinde in das Kloster der Neun
Drachen, wo er seine Gegner alle mit einem einzigen Vernichtungsschlag beseitigen
will
Meinung:
Nachdem sich Andreas Balzer in seinen letzten Beiträgen zur Serie um
andere Figuren kümmerte, widmet er sich im vorliegenden Band wieder
Chin-Li und den Neun Drachen. Der letzte Roman mit der sympathischen
Attentäterin liegt mittlerweile zwei Jahre zurück, doch
glücklicherweise setzt der Autor mehr auf Qualität denn auf
Quantität und überzeugt in seinen rar gesäten Texten durch
raffinierte Plots und grundsolide Unterhaltung auf gehobenen Niveau. "Drachentod"
beginnt bereits sehr vielversprechend mit dem Auftritt einer Dämonenart,
die in Heftromanen generell ein Schattendasein führt - den Wertigern.
Auch in diesem Roman dienen sie lediglich als Erfüllungsgehilfen werden
aber äußerst effektvoll in Szene gesetzt und liefern Chin-Li einige
harte Auseinandersetzungen. Wie immer sind die Romane von Andreas Balzer
gut recherchiert und handwerklich hervorragend geschrieben worden. Aufgrund
der Tatsache, dass Chin-Li innerhalb der Serie sehr selten auftritt verzeiht
man dem Autor gerne den Umstand, dass Zamorra und Nicole eher untergeordnete
Rollen spielen. Etwas befremdlich liest sich lediglich der flapsige Dialog
zwischen Zamorra und dem chinesischen Geheimdienstmann Yang. In Anbetracht
der chinesischen Mentalität klingt dieses Gespräch westlich sehr
dekadent. Insgesamt betrachtet bietet aber auch dieser Roman aus der Feder
von Andreas Balzer beste Unterhaltung mit glaubwürdigen Charakteren.
Aufgrund der überschaubaren Personen und der im Handlungsverlauf, geschickt
eingestreuten Erklärungen, sowie der dezent eingesetzten magischen Waffen
eignen sich die Beiträge des Autors auch perfekt für Einsteiger.
Besonderheiten:
Meister Shiu, das Oberhaupt der Neun Drachen, wird von seinem Schüler
Lam Chi-Wei ermordet.
Chin-Lis Eltern werden von Wertigern angefallen und an einen unbekannten
Ort verschleppt.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover von Candy Kay ist, obwohl es eine wichtige Szene des Romans darstellt,
wenig aussagekräftig. Die Fratze eines Wertigers wäre hier effektvoller
gewesen.
Coverbewertung:
Rezension von
Stefan (Lobo)
Albertsen:
Kurzbeschreibung:
Tang Chau-Sang und seine Frau Tso-Yin bekommen eines abends Besuch von einer
rätselhaften Schönheit, die ihnen erklärt, ihre Tochter habe
sie gesandt. Doch sofort, nachdem sie sie eingelassen haben, entpuppt sie
sich als grauenerregende Wertigerkreatur, die sich auf sie stürzt. Wie
steht dieser Vorgang in Verbindung mit Professor Zamorra? Ganz einfach Tang
Chau-Sang und Tso-Yin sind die Eltern von Chin-Li, einer Kampfgefährtin
des französischen Parapsychologen. Die ehemalige Killerin des Geheimbundes
der Neun Drachen soll auf diese Weise für ihren Austritt aus diesem
"elitären Kreis" und somit für ihren Verrat bestraft werden.
Tatsächlich erfährt Chin-Li, die in Singapur als Privatdetektivin
arbeitet, über ihren derzeitigen Auftrag von den Geschehnissen und der
Gefahr, in der sich ihre Eltern befinden und reist nach Hongkong, um den
beiden zu Hilfe zu eilen. Professor Zamorra und Nicole Duval werden
zwischenzeitlich ebenfalls in eine Falle gelockt, aus der sie sich jedoch,
aufgrund ihrer herausragenden kämpferischen Fähigkeiten befreien
können. Die Spur, die die Angreifer hinterlassen, führt ebenfalls
nach Hongkong, in die Domäne der Neun Drachen.
Inoffiziell und abgeschirmt reisen die beiden in die ehemalige Kronkolonie
und treffen dort mit Abgesandten der Neun Drachen, einem besonders ehrgeizigen
Magier des Bundes (der seine Meister betrügen und töten will),
Chin-Li, Wertiger und haufenweise Auseinandersetzungen zusammen. Inmitten
dieses Schmelztiegels stellt sich unseren Helden eigentlich nur eine einzige
Frage: Werden wir überleben?
Meinung:
Nach der mühsamen Lektüre von Simon Borners
"Geschichtsstunde" und dem
merkwürdig (wenn auch nicht gänzlich uninteressant) anmutenden
Ausflug zur "Höllenbrut" von
Jessica Schmitz vermag der vorliegende Roman endlich wieder mit einer
geradlinigen, spannenden Geschichte aufzuwarten, die mit Humor, Action und
sogar Dramatik nicht geizt. Für mich ist dies der erste PZ-Roman, in
dem ich von Chin-Li und den Neun Drachen lesen konnte und das ganze
dazugehörige Metier zog mich auch sogleich für zwei Stunden total
in den Bann. Sicherlich ist Andreas Balzers Roman nicht die Spitzenklasse
der Serie, aber er vermag zu unterhalten und wartet sogar noch mit einem
dramaturgischen Schlusspunkt auf, der Lust auf eine Fortsetzung der Thematik
macht. Alles in allem also eine gelungene Arbeit.
Besonderheiten:
Meister Shiu wird ermordet!
Professor Zamorra wendet zum ersten Mal den Zauber des rasenden Mondes an.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Candy Kays Cover vermag mich in diesem Fall nicht vollkommen zu überzeugen.
Obwohl das stilisierte Symbol der Neun Drachen auf der roten Fahne im Hintergrund
sehr gut getroffen ist und die Szene auch fast genauso im Roman vorkommt,
wirkt Chin-Li ein wenig zu "puppenhaft" auf mich, ebenso wie der tote Meister
Shiu am Boden. Der Hintergrund erscheint mir ein wenig zu spartanisch und
irgendwie fehlt was, wobei ich nicht genau sagen kann, was. Vollkommen daneben
ist es nicht, aber auch nicht der große Wurf.
Coverbewertung: