Professor Zamorra Nr. 163: Der Hexenhenker
Zum zehnten Mal hörte James Withe diese Geräusche, die fast das
Blut in seinen Adern gerinnen ließen. Es geschah immer um dieselbe
Zeit. Zu Beginn ein leiser Aufschrei. Mit klopfendem Herzen lag er im Bett
und lauschte an der Wand. Es folgte ein Keuchen und Stöhnen, begleitet
von Kampfgeräuschen. Aus dem Stöhnen wurde Wimmern. Fünf Minuten
lang dauerte es an und wurde immer grauenvoller. Obwohl James Withe genau
wußte, daß auf der anderen Seite der Wand nichts war als leere
Luft. Kein Nebenraum, nichts. Es war die Außenmauer im dritten Stock.
James Withe schwitzte. Er ballte die Hände zu Fäusten, denn er
wußte: Jetzt mußte der entsetzliche Abschluß erfolgen.
Der markerschütternde Schrei, der ihm stets die Haare zu Berg trieb.
von Wilfried A. Hary, erschienen am 26.08.1980, Titelbild: Ömer
Rezension von
Wolfgang
Trubshaw:
Kurzbeschreibung:
Seit dem Mittelalter lastet ein Hexenfluch auf dem kleinen Dörfchen
Bloodstone, der immer wieder mal Opfer fordert und immer durch Besucher
reaktiviert wird, die aufgrund verschmähter Liebe ihren vormals Geliebten
alles nur erdenklich Böse wünschen.
Diesmal ist es der Student James Withe, der seiner ihn stehen gelassen habenden
Ex-Freundin Lydia den Tod wünscht. Withe hat nämlich latente magische
Fähigkeiten, die seinen bösen Gedanken derart viel Energie geben,
dass dadurch der Fluch wieder aktiv wird.
Die Wirtin der Herberge, in der Withe abgestiegen ist, die sich mit der
Geschichte des Fluchs sehr gut auskennt und die Tragweite der Vorfälle
rechtzeitig erkennt, ruft Professor Zamorra zu Hilfe. Im Laufe des Hefts
geraten dieser und Nicole zusammen mit Withe und seiner Lydia, die ebenfalls
einen unerklärlichen Drang verspürt, nach Bloodstone zu fahren,
in den Sog des Fluchs der Hexe und ihres Henkers, und das ganze Dorf samt
Einwohnerschaft wird magisch von der Außenwelt abgeschottet und eine
Zeitüberlappungszone mit dem Dorf der Vergangenheit entsteht.
Withe ringt sich dazu durch, mit Zamorra zusammenzuarbeiten, der dessen
Magiepotential erkundet und aktiviert, damit vordergründig Withe dem
Bösen die Stirn bieten kann, während Zammy aus dem Hintergrund
den Überblick bewahrt und unerwartet eingreifen kann.
Am Ende gelingt es den Helden den wahren Ursprung des Fluchs zu erkennen,
und nach dessen Vernichtung ist die Gefahr gebannt, ohne dass es allzu
gröbere Kollateralschäden gegeben hätte.
Meinung:
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich die Interpretationen Zamorras
in diesen frühen Tagen der Serie von Autor zu Autor unterscheiden. W.
A. Harys Zamorra etwa ist ein zurückhaltend beobachtender, recht wortkarg
kombinierender, magisch/parapsychologisch pragmatisch und
unprätentiös agierender Professor, der durchaus zu gefallen
weiß.
Durchs ganze Heft hindurch werden dem Leser tiefe Einblicke in Gedanken und
Gemütszustand der wichtigsten Figuren geboten, oft in Form von inneren
Monologen. Dieser Sachverhalt bewirkt eine sehr emotionale Lektüre.
Die historische Entwicklung des Fluchs wird zwar zu erklären versucht,
aber leider verliert man als Leser dabei gelegentlich den Überblick,
und man tut sich schwer zu sagen, ob nun das Mittelalter oder das neunzehnte
Jahrhundert in die Jetztzeit überlappen. Dennoch strotzt das Heft vor
Atmosphäre. Von Anfang weg ist man als Leser dieser wunderbar
beklemmend-unheimlichen Stimmung in Bloodstone ausgesetzt, was auch der Grund
ist, warum ich diesem ansonsten eher unoriginellen Heft statt zwei dann
tatsächlich drei Kreuze gebe.
Besonderheiten:
Ein Heft aus der Zeit, als noch jeder Zamorra-Autor sein eigenes Süppchen
kochte. W. A. Hary bringt hier in diesem Heft kurz einen Bezug zu seiner
Fantasy-Welt Zartas und deren Held Gor, über die er in einem früheren
Zweiteiler zur Serie schon schrieb. Im Prinzip ist dieser Umstand zwar ein
legitimes Setup für den Folgeband, der wieder von Hary ist, und diesmal
auch wirklich auf Zartas spielt, aber der Zusammenhang zwischen Zartas und
dem Fluch im vorliegenden Heft wirkt arg konstruiert und aufgesetzt. Und
leider wird man dadurch während des Lesens dieses ohnehin schon leicht
konfusen Hefts noch ein wenig mehr verwirrt...
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Kommt als Szene genau so im Heft vor. Allerdings gefallen mir persönlich
schon die Originalbestandteile in ihrer ursprünglichen Form auf den
Warren-Magazinen nicht sonderlich, und hier sind sie obendrein schludrig
und grobstrichig von Ömer nur lieblos nachgepinselt worden.
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Titelbild des Professor Zamorra Romans war auch schon auf dem Cover des
"Spokenjager John Sinclair" Nr. 146 aus Holland verwendet worden. Hierbei
handelte es sich um den Roman "Die Menschenfalle", welcher in Deutschland
als
Nr.
162 der deutschen Erst-Auflage erschienen war:
Das Cover sah zwar insgesamt etwas anders aus, aber auch auf dem spanischen
Comic-Magazin DOSSIER NEGRO Nr. 38 war der Henker schon zu sehen:
Der Henker war außerdem auch schon auf dem Cover des amerikanischen
Comic-Magazins CREEPY Nr. 17 abgebildet:
Und wegen Titelbildgleichheit gilt das selbe natürlich auch für
das schwedische Comic CHOCK Nr. 10 (aus dem Jahr 1975):
Und die Frau stammt ebenfalls vom Cover eines amerikanischen Comics, dem
EERIE-Magazin Nr. 63:
Und da auf dem Cover des Gespenster-Geschichten Comics Nr. 1116 das gleiche
Bild wie auf dem EERIE-Magazin Nr. 63 verwendet wurde, war die Frau dort
natürlich ebenfalls noch einmal abgebildet:
Das gleiche gilt auch für das spanische Comic-Magazin RUFUS Nr. 25,
auf dem sie dann ebenfalls noch einmal zu sehen war:
Auf einem weiteren spanischen Comic (CREEPY Nr. 79) war die Frau dann auch
noch seitenverkehrt verwendet worden: