Macabros Nr. 92: Mandragoras Zaubergärten

Macabros Nr. 92: Mandragoras Zaubergärten


"... ihr Reich ist unfaßbar, ebenso ihre Macht. Wenn du dich entschließt, den fünften Weg in die Dimension des Grauens und Wahnsinns zu gehen, mußt du alle unkalkulierbaren Risiken auf dich nehmen, Björn ... " Der Mann, der die Zeilen geschrieben hatte, lebte nicht mehr. Ak Nafuur war in die Ewigkeit der Geisterwelt eingegangen. Bevor er jedoch starb, war es ihm gelungen, dreizehn versiegelte Botschaften zu Papier zu bringen. In jeder von ihnen war ein Weg aufgezeigt, der es dem Herrn von Marlos, Björn Hellmark, ermöglichen sollte, in die Wahnsinnsdimension Rha-Ta-N'mys einzudringen und die Dämonengöttin zum Kampf herauszufordern. Vier erfolgreiche Aufgaben lagen bereits hinter ihm. Doch das, was er hier las, raubte ihm fast den Mut. Ak Nafuur zeigte ihm den fünften Weg.


Rezension von GoMar:


Kurzbeschreibung:
Peter Leitner ist mit seinem Freund Gerd von Paczewsky in der Via Mala-Schlucht unterwegs. Da entdecken sie eine Kaverne, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Peter untersucht die Kaverne und stößt auf die geheimnisvollen Männer in Schwarz. Diese Men in Black unterbreiten ihm und seinem Freund - unabhängig voneinander - ein mehr als unmoralisches Angebot. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
Björn Hellmark bricht mit Carminia Brado, Danielle de Barteauliée, Rani Mahay und dem vorlauten Winzling Whiss auf, um Mandragoras Zaubergärten zu erobern und den "Kristall der bösen Träume" zu zerstören. Aber selbst Ak Nafuur gibt ihnen nicht viele Chancen, die Zaubergärten siegreich wieder verlassen zu können. Björn ist entschlossen, es zu wagen - und landet prompt in einer Falle Mandragoras, die ihn und seinen Freunden keine Chance lässt, voranzukommen. Sie werden in eisiger Luft eingeschlossen und erstarren langsam zu Eis.
Nur Macabros ist noch handlungsfähig, aber in dem Ausmaß, in dem Björn immer mehr zu Eis wird, wird Macabros immer schwächer und langsamer. Als er Mandragora sowie den Männern in Schwarz schließlich gegenübersteht, ist Björns Band zu seinem Zweitkörper bereits abgebrochen ...


Meinung:
Perfekt! Dan Shocker vom Feinsten! Ja, so lieben es seine Fans, so liebe ich es! Hier lieferte der Autor - nach fünf schwächeren - einen Roman ab, der nur mit "meisterhaft" zu bezeichnen ist. Dieser Roman ist von der ersten bis zur letzten Seite so spannend geschrieben, dass man ihn einfach nicht zur Seite legen kann. Man fühlt sich bemüßigt, ihn auf einen Sitz durchzulesen, sosehr packt einem das Geschehen in diesen knapp 60 Seiten. Ich hatte keine Sekunde das Gefühl, dass es irgendeine langweilige Szene in diesem Roman gäbe. Alles stimmte von A bis Z. Keine Nebenhandlung erzeugte das Gefühl, sie wäre nicht notwendig gewesen. Im Gegenteil! Ich würde es beinahe mit einer Symphonie von Mozart vergleichen, denn auch dort kann man keine einzige Note herausnehmen, ohne dass es unstimmig wird. So auch hier: Hätte ein Teil gefehlt, man würde es beim Lesen garantiert merken.
Der Autor zieht hier wieder einmal alle Register seines Könnens. Der "5. Weg in die Dimension des Grauens" beschert uns ein Wiedersehen mit einer Dämonin der beinahe ersten Stunde: Mandragora, die Mutter von Phantoma (Phantoma wurde ja durch Macabros mithilfe des Bannspruchs der "Alten" in einer jugoslawischen Höhle in Stein verwandelt [MAC 24]). Mandragora hatte ihren ersten Auftritt in MAC 13 "Mandragora - Herrin der Angst", ein eigenwilliger, aber sehr packender Roman. Und diese Erwartungshaltung wird 79 Romane später voll erfüllt. Und wenn wir schon bei Wiedersehensfreuden sind: Die Männer in Schwarz, die Men in Black, sind auch wieder mit von der Partie. Sie wollen sich ebenfalls den "Kristall der bösen Träume" unter ihre schmutzigen Fingernägel krallen. Diese unheimlichen, gnadenlosen Verbrechertypen, die kein noch so kleines menschliches Gefühl aufbringen, hatten ihren ersten Auftritt in MAC 81. Von diesen Widerlingen wird man sicher noch öfters was zu lesen bekommen. Hier greift Dan Shocker also auf einige bekannte Protagonisten zurück und verwebt sie so geschickt in eine beinahe atemlos zu lesende Handlung, dass - wie bereits gesagt - niemals Langeweile aufkommt. Auch die Beschreibung der Welt der Mandragora, deren irdischer Name für eine menschenähnlich aussehende Zauberwurzel, die Alraune, steht, ist allererste Sahne. Allein die Idee mit Orkon, der in einer riesigen Alraunenwurzel eingeschlossen ist, die den Übergang in die Unterwelt Mandragoras bildet - das ist Dan Shocker pur. Mit diesem Roman beweist er wiederum, dass er unweigerlich zu den besten Horror- und Fantasy-Autoren der 60er-, der 70er-, der 80er-Jahre zählt - wenn er nicht doch als der Beste bezeichnet werden kann! Romane wie dieser belegen eindeutig, warum seine Serien so großen Anklang fanden - und auch heute noch finden. Hätte es damals schon einen Preis für den "Besten Horror- und Fantasy-Roman" gegeben, dieser Roman hätte ihn bekommen müssen! Zudem widerlegt Dan Shocker hier meiner Meinung nach mehr als eindringlich, dass der Begriff Trivialliteratur absolut nicht nur auf die Heftromane zutrifft: Dieser Roman hätte als Buch auch Furore gemacht.
Schon die Wahl der berühmten Schlucht im schweizerischen Graubünden, der Via Mala, ist nicht von schlechten Eltern. Da werden sofort beim Leser Erinnerungen wach an den berühmten Roman aus dem Jahr 1934 (glaube ich) von John Knittel mit dem Titel "Via Mala". Dieses Weltklassebuch wurde auch verfilmt, unter anderem mit Mario Adorf in einer seiner besten Filmrollen. Und in dieser Schlucht begegnen zwei Bergsteiger den Männern in Schwarz, die derart brutal ihnen gegenübertreten, dass man unwillkürlich den Atem anhält bei ihren Forderungen. Auch wenn diese Schlucht schlussendlich nicht die Hauptkulisse darstellt, so fügt sich jede Sequenz hervorragend in den Plot der Geschichte ein. Die Aufteilung der Kapitel ist meiner Meinung nach perfekt gewählt, denn wenn man endlich einmal etwas ausatmen kann, geht's gleich wieder voll weiter.
Selbst das von mir schon öfters kritisierte kollektive Hineintappen der Marlosianer in eine Dämonenfalle entpuppt sich diesmal als sogar notwendig, um die Geschichte voranzutreiben. Und die phantastischen Landschafts- und Zaubergartenbeschreibungen sind einfach grandios. Man wandelt durch die Gärten, riecht förmlich den Duft der Millionen von Blüten und hat tatsächlich das Gefühl, direkt am Geschehen teilzunehmen. Auch Rani Mahay trifft eine gute alte Bekannte wieder, und Whiss hat hier einen am Anfang und am Schluss kleinen, aber immens wichtigen Auftritt.
Fazit: Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit will ich hier so gut wie nichts über den Handlungsablauf verraten, denn ich kann jedem nur empfehlen: lest diesen Roman! Wer so wie ich alle Heftromane sein eigen nennt, tut sich leichter, wer nicht, kann diesen Roman beim Blitz-Verlag nachkaufen (siehe unten)! Wer die Dan Shocker'sche Mischung aus sense of wonder und Action mag, der kommt hier voll auf seine Kosten. Selbst die Action-Sequenzen sind diesmal so ausgeführt, dass sie ausreichend vorkommen und optimal in der Gesamthandlung verwoben sind. Und noch etwas: Der Schluss oder der Showdown ist ebenfalls perfekt ausgeführt, lang genug, dass man seinem Ende entgegenfiebert und überhaupt nicht vorschnell beendet. Diesen Roman zu lesen ist ein wahrer Genuss gewesen! Von mir gibt es diesmal die volle Anzahl an Kreuzen, da es nichts zu bemängeln gibt.


Besonderheiten:
1. Mandragora, die Herrin der Angst, hat ihren dritten Auftritt.
2. Zwei Bergsteiger haben in der Via Mala-Schlucht eine Begegnung mit den Männern in Schwarz.
3. Macabros trifft auf Orkon, der in einen "weltengroßen" Wurzelstrunk eingeklemmt ist.
4. Björn Hellmark alias Macabros begegnet zum ersten Mal den Männern in Schwarz.
5. Al Nafuur meldet sich nach langer Zeit wieder einmal sehr kurz bei Björn Hellmark.
6. Als Innen-Illustration wird wieder Carminia Brado im 70er-Look mit Jackie-Kennedy-Frisur gezeigt.
7. Dieser Roman erschien auch als 2. Teil im Macabros-Doppelband Nr. 41 im Blitz-Verlag, gedruckt erstmals in der neuen deutschen Rechtschreibung.


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Titelbild ist eine Anlehnung an eine Szene im Roman und soll wohl Danielle de Barteauliée darstellen, die zumindest gefärbte Haare haben muss, denn in MAC 39, bei ihrem ersten Auftritt wird sie als schwarzhaarig oder dunkelhaarig beschrieben (wäre hier aber als Gesamteindruck zu dunkel geworden). Auf jeden Fall ist sie sehr schön und sehr sexy dargestellt, wenn auch ihre Nacktheit nie im Roman erwähnt wurde. Der Bär hinter ihr kommt so vor, auch die Kette stimmt irgendwie, und ich möchte mich mit ihm sicher nicht anlegen. Interessant sind bei der Frau und dem Bären auf der Stirn die beiden blauen V-Zeichen, die ebenfalls nichts mit der Handlung zu tun haben. Was die beiden erloschenen Kerzen links neben der Frau zu bedeuten haben, weiß ich auch nicht, ebenso die Reitgerte in ihrer linken Hand, denn damit ließe sich der Bär wohl kaum beeindrucken. Irgendwie stelle ich mir Danielle etwas anders vor, vor allem ist mir der Gesichtsausdruck etwas zu hart. Dennoch kann man es ruhig als verkaufsförderndes Cover bezeichnen.


Coverbewertung:
3 Kreuze