Larry Brent Nr. 88: Die Alpträume des Mr. Clint
Larry Brent Nr. 88: Die Alpträume des Mr. Clint


"Nein! Nein! Laßt mich los! Er schrie wie von Sinnen, schlug um sich, und kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Ein dumpfes Gurgeln kam aus seiner Kehle, seine Augenlider flatterten. Jetzt hatten sie ihn endgültig eingeholt, jetzt konnte er ihnen nicht mehr entkommen. Sie schleppten eine riesige Säge mit sich. Und er war steif wie ein Brett, ihnen hilflos ausgeliefert. Harold Glancy vermochte seine Verfolger nicht mehr zu zählen. Sie umschwärmten ihn, stiegen ihm auf die Brust, krochen über seine zukkenden Schultern und setzten die Säge an. "Nein!" Ruckartig warf er den Kopf hoch. Seine Augen öffneten sich. Sie waren schreckgeweitet, als er seine Umgebung wie hinter' einem Nebelschleier wahrnahm.


Rezension von Bloemsemann:


Kurzbeschreibung:
Wie Gott sein – die eigenen Wesen erschaffen und ihnen das Leben einhauchen ... Mit diesen wirren Gedanken beschäftigt sich der Künstler Lachlan Moodor-Clint schon sehr lange und er arbeitet wie besessen an kleinen braunen Figuren, die er hauptsächlich nach lebenden Vorbildern gestaltet. Da er der Überzeugung ist, daß der Körper den Geist an seiner Entfaltung hindert, amputiert er sich in seinem Wahn die Beine mit einer Guillotine, die über seinem Bett angebracht ist. Und tatsächlich schafft es Lachlan schliesslich, den von ihm geschaffenen Skulpturen ein unheimliches Eigenleben einzuhauchen. Während er schläft und träumt wandern die kleinen Wesen durch die Nacht, gehen den verschiedensten Tätigkeiten nach, die leider meistens damit enden, daß jemand auf schreckliche Weise ums Leben kommt. Häufig tritt auch der Fall ein, daß einige Personen dadurch schwer verletzt werden oder das Zeitliche segnen, weil deren kleine Kopien auf irgendeine Weise zerstört oder in Mitleidenschaft gezogen wurden. Larry Brent gerät in diese eigenartige Geschichte, indem er sich als Arzt getarnt in einem schottischen Sanatorium für psychisch kranke Menschen anstellen lässt. In der Klinik ist es seit kurzem zu mehreren unerklärlichen Todesfällen gekommen, denen auch der leitende Beamte vor Ort Inspektor Artur Dixon nicht gewachsen ist. Und tatsächlich tritt wieder ein tragisches Ereignis ein – Dr.Floyd Merredith wird tot in seinem Büro gefunden. Die Anzeichen sprechen dafür, daß ihm eine Stricknadel in die Schläfe gerammt wurde. Larry und Inspektor Dixon finden nebst der Nadel auch noch ein paar seltsame tönerne Figuren am Tatort. Dixon nimmt diese Indizien mit in seine Herberge – ein schwerer Fehler, denn die kleinen Männchen erwachen in der folgenden Nacht zum Leben und bringen dem Inspektor einen grausamen Tod. Larry führt seine Nachforschungen im Sanatorium fort. Hierbei trifft er auf den Bruder von Dr.Merredith, der leider auch nicht sehr lange unter den Lebenden weilt. Dieser gibt ihm aber ein paar entscheidende Hinweise auf die eigenartigen Figuren und deren magisches Eigenleben. Die PSA stösst auch auf einen Namen: Lachlan Moodor-Clint. Morna Ulbrandson geht den Spuren dieses durchtriebenen Künstlers nach. Über einen seiner ehemaligen Freunde macht die Schwedin die Bekanntschaft mit Lachlans Schwester Lucille sowie seiner Frau Constance Moodor-Clint. Der bedingungslosen Loyalität der beiden Frauen zu Moodor-Clint fällt Morna beinahe zum Opfer. Bei ihren Nachforschungen wird sie von den Wahnsinnigen überwältigt und auf Clints Bett gefesselt – ihr soll dasselbe Schicksal wiederfahren wie dem Künstler, nur eben unfreiwillig. Was die beiden PSA-Agenten nicht wissen ist, daß Larry der Wahrheit in der Nervenklinik bereits sehr nahe gekommen ist, was dem praktizierenden Chefarzt Dr.Frelly gar nicht in den Kram passt. Moodor-Clint ist sein Forschungsobjekt, er hat ihm einen Unterschlupf in einem nahegelegenen Herrschaftsgebäude eingerichtet, um ihn dort zu studieren. Zu seiner Sicherheit hat sich Dr.Frelly mittlerweile eine Miniaturausgabe von Larry Brent anfertigen lassen ...


Meinung:
Mit der Geschichte um den Künstler Lachlan Moodor-Clint und seinen magischen Fähigkeiten hat Dan Shocker wieder mal eine feine Brise Innovation spielen lassen. Fast schon metaphorisch mutet diese Geschichte an, wie z.B. der Klassiker „Doctor Jeckyll and Mister Hyde“ - das eigene Unvermögen und der Gram auf die Welt wird in den eigenen Träumen verarbeitet. Auch bei Lachlan werden sie zur schrecklichen Realität. Die Figur Moodor-Clint selbst bleibt im Dunkeln, sie geniest nur einen sehr kurzen Auftritt beim Finale. Man hört oder besser liest sehr viel über diesen eigenartigen Menschen, wird aber nie richtig mit ihm persönlich konfrontiert. Seine Befürworter, Angehörige und natürlich seine Geschöpfe agieren an der Front, er selbst verbirgt sich im Schatten. Für eine gehörige Portion Grusel sorgen eben diese kleinen fiesen Männchen - kalte ausdruckslose Tonfiguren, die gnadenlos ihrem meist blutigen Auftrag nachkommen, um dann wieder zu kalter Materie zu erstarren. Speziell die Szenerie um Inspektor Dixon, als er in seiner Unterkunft von den erwachten Figuren angegriffen und schliesslich qualvoll ermordet wird, sorgt für ein paar nette Schauer. Insgesamt haben wir hier wieder eine solide Story mit einigen interessanten Einfällen und diversen Handlungssträngen, die in die unterschiedlichsten Richtungen laufen, sich aber am Ende zu einem angemessenen Finale vereinen ...


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Hier sehen wir Harold Glancy, von dem ich in der Zusammenfassung nichts berichtet habe. Er ist ein Nebencharakter, der die kleinen Wesen zufällig bei ihren nächtlichen Wanderungen beobachtet hat. Seitdem ist sein Leben bedroht. Das Bild zeigt die Anfangsszene, als die kleinen Burschen versuchen, ihm im Schlaf den Kopf abzusägen. Schön gemacht – die Mondnacht vor dem Fenster sorgt für die richtige Stimmung. Das Traumbild ist clever umgesetzt.


Coverbewertung:
4 Kreuze
Rezension von Horror-Freak:


Kurzbeschreibung:
Larry Brent wird nach Schottland geschickt, um den mysteriösen Begebenheiten in einem Sanatorium für psychisch Kranke auf die Spur zu kommen. Als der behandelnde Arzt, Dr. Merredith in seinem Zimmer tot aufgefunden wird, schaltet sich X-RAY-3 in das Geschehen ein. Verdächtiger Gegenstand seiner Untersuchungen werden zwei Tonfiguren, die auf Dr. Merrediths Schreibtisch stehen und eine, die der Doktor selbst in seiner Hand hielt. Zwei dieser Figuren werden von Inspector Dixon und seinen Männern gesichert und abtransportiert. Dixon wird später selbst Opfer der magischen Figuren. Unterdessen erhält Larry im Zimmer von Dr. Merredith einen anonymen Anruf, in dem es heißt, dass Moodor-Clint wieder etwas planen würde. Aufgrund eines weiteren merkwürdigen Zwischenfalls in der Klinik verständigt Larry X-RAY-1, der sofort Morna Ulbrandson auf den Fall ansetzt. Sie soll alles über den Mann namens Lachlan Moodor-Clint herausfinden. Bei einem alten Freund und Wegbegleiter Clints erfährt sie einiges über die Person Clints. Mit diesem Wissen macht sie sich zu Clints Frau auf, die ihr einen mit Schlafmittel versetzten Tee serviert und somit Morna in ihre Gewalt bringt. Larry gelingt es währenddessen Sinclair Merredith, den Bruder des Arztes aufzuspüren. Merredith ahnt schon, dass diese Figur mit seinem Leben verbunden ist, aber er kann nicht verhindern, dass die Figur durch ein Missgeschick zerstört wird, und somit findet auch sein Leben ein rapides Ende. Morna wird inzwischen von Lachlan Moodor-Clints Schwester und deren Frau in Moodor-Clints Zimmer gefangen gehalten. Hier erfährt Morna die tragische Geschichte des Moodor-Clint, eines Mannes, dessen Mutter sich mit dem Teufel eingelassen hatte. Durch ein automatisch auslösbares Fallbeil verlor Clint seine Beine, um seinem Geist mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, und um sich mehr auf seine Träume zu konzentrieren, in denen er seinen Tonfiguren Leben einhauchen kann. In der festen Absicht, Morna derselben Prozedur zu unterziehen, bereiten die beiden alten Frauen alles für das schreckliche Ritual vor, doch Morna entkommt, wenn auch nur um Haaresbreite. Larry entdeckt im Sanatorium die Aufzeichnungen des Dr. Merredith und seines Chefs, Frederick Frelly, die über Moodor-Clint eine teuflische Studie entwickelt hatten und gerät selbst in die Gewalt dieses Teufelskreis. In einem Nebengebäude des Sanatoriums kommt es dann zur Begegnung mit dem Magier. Morna taucht auf und kann Larry in letzter Sekunde noch das Leben retten und dem teuflischen Treiben ein Ende bereiten.


Meinung:
Diese Geschichte ist eine der unglaublichsten, die ich je gelesen habe. Einfach erstaunlich, wie sich so manche X-Faktor-Sendung mit den Stories von Dan Shocker spiegeln. Wenn es englische Übersetzungen geben würde, dann könnte ich mir gut vorstellen, wo die Macher der Sendung das alles her haben. Aber zum Thema: eine grundsolide Geschichte, die fast von keinen langatmigen Nebenhandlungen durchzogen wird. Larry ist hart am Ball und ermittelt eisern. Dabei nimmt er den Kampf gegen eine teuflische Macht auf, die es schafft, Puppen zum Gehen und Morden zu bringen. Die Geschichte von der Zeugung des Lachlan Moodor-Clint durch den Teufel klingt mir etwas zu weit hergeholt und hört sich nach dem typischen Verrückte-alte-Weiber-Geschwätz an, das sich in solchen Geschichten zur Genüge findet. Am besten gefallen hat mir der Schluss, wo Larry praktisch schon mit seinem Leben abgeschlossen hat und Gefahr läuft von Frelly vernichtet zu werden. Vom Anfang bis zum Ende: eine spannende Geschichte.


Besonderheiten:
Morna hat zur Abwechslung einen wirklich ermittelnden und aktiv handelnden Part. Eine Seltenheit in den Larry Brent-Romanen.


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Die Cover-Ilustration ist durchaus gelungen, wenngleich ich sagen muss, dass mir die Ilustrationen früherer Werke mehr zugesagt haben.


Coverbewertung:
3 Kreuze
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Larry Brent, alias X-RAY-3, wird als junger Arzt in ein Sanatorium für psychisch Kranke eingeschleust, um dort mysteriöse Todesfälle zu untersuchen. Als der Arzt Floyd Merredith ermordet wird entdecken Larry und der ermittelnde Inspektor Dixon seltsame Tonfiguren. Eine der Figuren ist mit Blut befleckt. Während Larry eine der Figuren behält nimmt Inspektor Dixon die beiden anderen mit. In seinem Hotelzimmer erwachen die beiden Skulpturen zum Leben und stechen dem schlafenden Inspektor die Augen aus, der daraufhin blind und desorientiert die Treppe hinabstürzt und sich das Genick bricht. Larry Brent ahnt, dass mehr hinter den Figuren steckt, als bisher angenommen. Die Hinweise deuten auf den geheimnisvollen Künstler Mr. Clint hin, der allerdings spurlos verschwunden ist. Die schwedische PSA-Agentin Morna Ulbrandson soll den Fall von anderer Seite aufrollen und besucht Clints Schwester und dessen Ehefrau Constance Moodor-Clint. Doch die Frauen sind bereits von einem satanischen Wahnsinn besessen und überwältigen die Agentin. Mit einer Guillotine wollen sie Morna die Beine abhacken, um ihren Geist zu sensibilisieren ... Derweil verstrickt sich Larry immer weiter in den undurchsichtigen Geschehnissen in dem Sanatorium. Er ahnt nicht, dass sich die Schlinge um seinen Hals bereits zuzieht ...


Meinung:
Ein wahrer Glanzroman innerhalb der Serie mit einer undurchsichtigen und höchstoriginellen Idee. Obwohl Larry und Morna bereits in Band 85 "Hexensabbat" mit Hexenpuppen in Berührung kamen, welche die Qualen, die man ihnen zuführt auf die Personen übertragen, die sie darstellen, ist der Plot im vorliegenden Heft ein gänzlich anderer. Larrys Inkognito ist realistisch dargestellt worden, insbesondere die Konflikte mit seinem Chefarzt wirken überaus glaubhaft und lebendig. Die unheimlichen Morde, entweder durch die Zerstörung der Figuren oder durch die lebendig gewordenen Skulpturen selbst, lassen dem Leser einen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen. Größtenteils bedingt, durch die Hilflosigkeit der sich die Opfer ausgesetzt sehen. Hinzu kommt der Ekelfaktor, denn der Roman ist nicht gerade die ideale Lektüre für zartbesaitete Gemüter. Einer der Tonfiguren werden beispielsweise die Beine zertreten, eine andere wird von einem Auto überrollt. Was mit den betreffenden Personen geschieht, welche die Skulpturen darstellten, dürfte dem fantasiebegabten Leser sofort klar sein. Auch die Szene innerhalb des Hauses der Schwester von Moodor-Clint steckt voller dunkler Gefühle und morbider Spannung. Mornas Lage scheint aussichtslos, doch die Ausbildung der PSA macht sich auch hier bezahl und eine Portion trockenen Humors vermag genau an der richtigen Stelle die schier unerträgliche Spannung aufzulockern. Lediglich das Finale vermag nicht auf ganzer Linie zu überzeugen. Im typischen Heftromanstil der 70er Jahre wird der Übeltäter von einer irregeleiteten Kugel getroffen und Morna ist zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort um ihrem Kollegen Larry hilfreich zur Seite zu stehen. Dieses übertrieben glückliche Ende trübt den Gesamteindruck des Romans ein wenig, der davon abgesehen einfach spitze ist.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Die Szene zeigt die Alpträume von Harold Glancy, einem Nebencharakter, der die Tonfiguren auch in Natura lebendig auf seiner Fensterbank sitzen sah. Auch hier vermag Lonati das Geschehen im Roman lebendig auf die Leinwand zu bannen.


Coverbewertung:
4 Kreuze