John Sinclair Nr. 1720: Die Nacht der Voodoo-Queen

John Sinclair Nr. 1720: Die Nacht der Voodoo-Queen


Erry Bigham verließ die Deckung des Baumstamms. Sein Blick glitt über den fast leeren Platz, der im Sommer stets mit Wohnwagen und Wohnmobilen gefüllt war. Jetzt stand dort aber nur ein Wohnmobil mit einer dunklen Lackierung, das selbst in dieser Umgebung nicht so leicht zu entdecken war. Ohne sich umzudrehen, fragte er: "Bist du dir sicher, dass sie im Wagen hockt?" "Klar." Jetzt trat auch der gefragte Archie West aus der Deckung. "Und sie ist allein?" Archie nickte. Erry grinste. "Hast du nicht mal gesagt, dass sie verdammt scharf ist?" "Habe ich." "Und öfter sogar nackt herumläuft?" "Sicher. Du hast nichts vergessen, wie?" Erry Bigham rieb seine Hände. "Okay, dann werden wir sie uns mal holen …"


2. Teil von Jason Dark, erschienen am 28.06.2011, Titelbild: Harper
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair und Suko stellen sich nahe dem irischen Dorf Quimlin dem ersten Diener Luzifers, Matthias, und seinen lebenden Skeletten entgegen. Der Geisterjäger will endlich eine Entscheidung zwischen sich und seinem ärgsten Feind haben, doch ehe er sein silbernes Kreuz aktivieren kann, dreht Matthias plötzlich durch und verschwindet. Das liegt an einer geheimnisvollen Frau, die auf einmal erschienen ist - Marietta. Eine junge Frau, die Kontakt mit den Geistern des Voodoo-Kults besitzt und zufällig in Qimlin Station gemacht hat, wo sie in dem Haus der Künstlerin Mandy Hill ein Opfer von Matthias gefunden hat, Mandys Bruder Graham Hill, dessen Glieder grauenhaft verdreht sind. Marietta will John und Suko im Kampf gegen das Böse unterstützen. Doch dann erscheint Matthias wieder auf der Bildfläche und unterbreitet der Voodoo-Queen ein verlockendes Angebot. Sie soll an seiner Seite die Freuden der Hölle erleben und zu Matthias Partnerin werden …


Meinung:
Trotz der interessant klingenden Kurzbeschreibung fällt die Fortsetzung des neuesten Matthias-Zweiteilers deutlich gegenüber seinem Vorgänger ab. Marietta ist eine faszinierende Figur, keine Frage, obwohl es bereits eine Voodoo-Queen gab, die sich auf die Seite von John Sinclair geschlagen hat (siehe Band 1452 und 1453). Allerdings beschleicht einen beim Lesen das seichte Gefühl der Autor habe Marietta nur eingeführt um A) genügend Stoff für einen Zweiteiler zu haben und B) um Matthias nicht erneut mit einem Das-Kreuz-reagiert-in-letzter-Sekunde-Finale zu vertreiben. Hier entsteht jedoch auch gleich die erste Ungereimtheit. Da wird Matthias als neuer Erzfeind aufgebaut und mit einer Macht ausgestattet, die ihn nicht nur gegen silberne Kugeln wappnet, sondern auch gegen das Kreuz erstaunlich widerstandsfähig macht, und dann wird er mit einem simplen vergifteten Pfeil außer Gefecht gesetzt. Gut, man kennt die Zusammensetzung des Giftes nicht, doch es wird behauptet Matthias sei ein normaler Mensch, der von Luzifer nach seinem Idealbild verändert wurde. Als dann vor dem wehrlosen Gegner endlos debattiert wird, bis sich John Sinclair endlich dazu entschließt reinen Tisch zu machen, würde man am liebsten schreien, um den Geisterjäger endlich zum Handeln zu zwingen. Der Kampf mit den Skeletten hingegen ist zwar kurz, aber heftig und schön beschrieben. Fast wie in alten, actionreicheren Zeiten. Anschließend wird sich sehr sorgfältig auf die bevorstehende Auseinandersetzung vorbereitet. Das Finale beginnt mit der pompösen Zerstörung des Hauses der Künstlerin sehr packend, doch dann begeht Dark den entscheidenden Fehler Marietta zur Deus ex machina zu machen. Zwei weitere Pfeile und Matthias darf sich vor seinem Boss rechtfertigen. Johns Entschluss ihm in den Kopf zu schießen, um dann sein Kreuz zu aktivieren wäre nicht nur spannender, sondern auch vielversprechender gewesen. Aber nein, er bedankt sich sogar bei Marietta, dass sie ihm eine Chance vermasselt hat, den Diener Luzifers endgültig zu vernichten, in dem er behauptet, sie hätte ihn gerettet. Wo Suko gerade hingeschaut hat, als Marietta die Pfeile auf Matthias geschossen hat, weiß der Teufel, denn eigentlich darf man davon ausgehen, dass er nicht tatenlos wegsieht, wenn sich sein Freund und Partner seinem ärgsten Gegner stellt. Die einzige Erklärung, die das Ende noch irgendwie erträglich macht ist die, dass Mariettas Pfeil bei ihrem ersten Eingreifen eine phänomenale Wirkung erzielt hat. Im Großen und Ganzen ist dieser Roman auch kein Totalausfall, denn er liest sich trotz der vielen, ausschweifenden Dialoge recht flüssig. Die Einführung von Marietta und wie sie sich gegen zwei potenzielle Vergewaltiger zur Wehr setzt nimmt fast neun Seiten in Anspruch, was auf Kosten der Ereignisse in Quimlin geht, denn ein wenig mehr Action hätte man dem Totenmarsch ruhig gönnen können. Eine kleine Ungereimtheiten soll an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Als John mit Marietta vor dem bewusstlosen Matthias kniet und sein Kreuz zückt, nimmt er sich erstmal in aller Seelenruhe die Zeit Marietta die wichtigsten Zeichen zu erklären, dabei erwähnt er auch die vier Erzengel, aber das Kreuz reagiert nicht. Normalerweise wird es in bestimmten Situationen allein durch die Nennung der Namen der vier Erzengel aktiviert. Zumindest wenn es direkt gegen Luzifer und die gefallenen Engel geht, und zu denen darf der Bote des absolut Bösen mit Sicherheit gezählt werden. Das legt den Schluss nahe, dass die Namen in einer gehobenen Lautstärke gerufen werden müssen. Oder stört sich das Kreuz an dem Wörtchen "und", das John zwischen Raffael und Uriel einfließen lässt? Die Antwort weiß sicherlich selbst Jason Dark nicht.
Fazit: Langatmige Fortsetzung ohne überraschende Wendungen und mit wenig Höhepunkten. Marietta ist eine faszinierende Person, wirkt in diesem Fall aber deplatziert. Einziger Lichtblick: Matthias und die Gewissheit, dass er der Serie erhalten bleibt.


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Marietta, einer Voodoo-Queen.
Von den Giftpfeilen, die selbst Matthias gelähmt haben, besitzt sie noch drei Stück.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Was Candy Kay für PROFESSOR ZAMORRA ist, scheint Harper für JOHN SINCLAIR zu werden. Die Computergrafik ist auch nicht schlecht geworden, obwohl sie die rustikale, gruselige Atmosphäre vermissen lässt, der die älteren Romane einen Teil ihres Kultstatusses zu verdanken haben.


Coverbewertung:
2 Kreuze