John Sinclair Nr. 1717: Die Fratze der Angst

John Sinclair Nr. 1717: Die Fratze der Angst


Das Grauen begann, als die sonntägliche Vormittagsmesse ausgeläutet wurde. Die Besucher - Frauen, Kinder und Männer - drückten sich durch die enge Tür ins Freie, um sich auf dem Vorplatz zu versammeln, der ebenso erhöht wie die Kirche lag und zu dem zwei Steintreppen von verschiedenen Seiten hoch führten. Der Unhold lauerte hinter der Kirche. Und das an einem für ihn perfekten Platz, denn dort lagen die Gräber eines Friedhofs dicht an dicht und wie geometrisch aufgereiht. Er roch die Menschen. Er mochte ihr Fleisch. Es war so warm und weich …


von Jason Dark, erschienen am 07.06.2011, Titelbild: Jarling
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Die Bewohner einer kleinen Ortschaft nahe Salzburg leiden seit geraumer Zeit unter einem penetranten Leichengestank und einige Menschen wollen unheimliche Gestalten gesehen haben, die sich nachts in den Straßen herumtreiben. Schließlich sind auch Tiere gerissen worden. Helma und Xaver Prantl bitten ihren Sohn Georg um Hilfe, der beim deutschen Geheimdienst arbeitet. Der kann einen Überfall auf den Pfarrer nach der Sonntagsmesse gerade noch verhindern. Der Angreifer ist ein schreckliches, schleimiges Monster - ein Ghoul. Zum Glück kennt Georg einen Mann namens Harry Stahl und der wiederum John Sinclair. So kommen die drei Männer zusammen und begeben sich auf die Jagd nach den schauerlichen Ghouls. Die sind allerdings weitaus gefährlicher als angenommen …


Meinung:
Ein Paradebeispiel für ungenutztes Potenzial und undurchdachte Ideen. Dabei klingt der Anfang auf der Rota-Seite gar nicht mal schlecht, fällt danach aber rapide ab. Es geht mit seitenlagen Gesprächen und Telefonaten weiter, in denen ohnehin bekannte Tatsachen wiederholt werden. Dabei ist es für die Handlung unerheblich, ob Dagmar krank ist und von ihrer Schwester Besuch erhält. Zwar ist ein kleiner Blick in das Privatleben der Helden sehr interessant und verleiht den Figuren Tiefe, doch das geht in diesem Fall zu Lasten der Handlung. Vollkommen unnötig ist das Verhör der neunjährigen Lena. Die Spurensuche auf dem Gelände der Metallfabrik und die anschließende Erkundung des Abwasserkanals verströmen da schon eher die typische Ghoul-Atmosphäre. Die häufige Erwähnung des Gestanks ist dabei aber genauso nervtötend, wie die Einbindung des Titels. Abgesehen davon ist es vollkommener Blödsinn, dass zwei Ghouls einen derartigen Gestank verbreiten, dass er sich wie eine Wolke über ein ganzes Dorf ausbreitet. Aber offensichtlich hat sich Jason Dark beim Schreiben selbst verkalkuliert. Denn zu Beginn lässt der Tenor des Romans noch eine ganze Horde Ghouls erwarten. Schließlich war die Seitenzahl zu knapp, so dass es nur zwei wurden. Merkwürdig ist, dass ein so mächtiger Ghoul, sich von einem einfach Tritt von seinem Opfer abbringen lässt und noch viel merkwürdiger, dass Harry Stahl wie ein Anfänger über die Kreaturen der Finsternis aufgeklärt werden muss. Im Angesicht des Leichenfressers in dem alten Haus beginnt John wie ein alternder Professor eine Vorlesung über die Kreaturen der Finsternis und weiß plötzlich gar nicht mehr, ob Harry überhaupt schon mal mit Ghouls zu tun hatte. Mir fallen da auf Anhieb drei Romane ein: Band 698, Band 958 und Band 1159. In letzterem gab es übrigens schon ein Geschöpf halb Ghoul halb Kreatur, die sich allerdings etwas heftiger zur Wehr setzte, als die Gestalten im vorliegenden Band. Was hätte man aus diesen Kreaturen nicht alles machen können? Doch Harry feuert eine Silberkugel ab und John kann das Vieh dann seelenruhig mit dem Kreuz vernichten. Die einzige Szene, die den Band vor dem Totalausfall rettet ist der Angriff des zweiten Ghouls auf Georgs Vater und der anschließende Kampf mit dem Geheimdienstler. Den Gipfel der Albernheit erreicht der Roman aber, als der Ghoul sich einen Roller unter den Nagel reißt und damit durch die Gegend scheppert. Das Finale ist als solches wieder mal nicht zu bezeichnen und Dialoge wie folgender verhageln einem dann gänzlich das Lesevergnügen:
"Sie waren hier", sagte ich nur. "Vielleicht sind sie noch hier." "Genau, Harry."
Fehlt eigentlich nur, dass er noch den Wagen holt, dann ist die Parodie perfekt. Dass der Leser über die Motivation der Dämonen im Dunkeln gelassen wird ist umso ärgerlicher, denn irgendwo müssen sie schließlich hergekommen sein. Warum ausgerechnet Salzburg? Am Ende lässt John die einzige Gelegenheit verstreichen Antworten zu bekommen. So bleibt ein Roman, den man sich getrost schenken kann, es sei denn, man ist eingefleischter Ghoul-Fan.
Fazit: Zum Sterben langweilig, mit Dialogen auf Grundschul-Niveau. Ein hervorragendes Beispiel, wie gute Ideen verhunzt werden könnten. Eine spannende Szene macht leider noch keinen guten Roman aus. Schade eigentlich, denn Ghouls fristen ohnehin ein Schattendasein in der Serie.


Besonderheiten:
Dagmar Hansen hat eine Schwester namens Claudia.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:

Das Beste am ganzen Heft. Dark versucht die Ghouls so darzustellen, wie auf dem Cover abgebildet. Künstlerisch ist das Bild um einiges stimmungsvoller, als die Computergrafiken, die zur Zeit schwer in Mode sind.


Coverbewertung:
4 Kreuze