Jaqueline Berger Sonderband Nr. 1: Stille Nacht – Blutige Nacht
Jaqueline Berger Sonderband Nr. 1: Stille Nacht – Blutige Nacht


Die Insel lag in tiefster Dunkelheit. Nicht einmal von den kleinen, verstreut liegenden Gebäuden der einsamen Höfe drang Licht hinaus in die Nacht. Die Bewohner dieser Gebäude schliefen längst. So wie es auch das Vieh im Stall tat. Es schlief, um im Morgengrauen zu erwachen und den Tag auf seine Art zu begrüßen. Mit wildem Geschnatter etwa, einem gebieterischen Krähen oder einfach nur mit dem gegrunzten Gruß an den Bauern, der die Tröge füllte und somit die Nahrung verteilte. Es war absolut still. Selbst der Wind schien sich zur Ruhe begeben zu haben. Sein Rauschen in den Ästen war verstummt, sein leises Wuscheln der unzähligen Grashalme überall auf der Insel und sein klagendes Heulen in den alten Bauten oberhalb des Klosters. Dort, wo die Steine lagen und die Grenze zwischen dem Hier und Dort so dünn war, dass nur wenige der Schwestern überhaupt dorthin durften. Es war, als habe sich der Wind wie die Menschen und Tiere zum Schlafe niedergelegt, um in dieser einen Nacht zu ruhen. Einem einsamen Spaziergänger wäre aufgefallen, dass allein seine Schritte in der Dunkelheit zu hören waren und eine nahezu ohrenbetäubende Stille durchbrachen. Ihm wäre sicherlich auch aufgefallen, dass nicht einmal ein Nachtvogel schrie. Und von diesen Tieren gab es viele im dichten Wald der Insel. Kein einziges ließ seine Stimme hören. Und es knackten auch keine Äste, so wie sonst, wenn Nager durch das Unterholz schlichen und die Eulen und Füchse sich auf die Jagd begaben. Wenn Nüsse geknackt wurden oder Hasen eine Sasse scharrten. Der See inmitten des Waldes lag still und geheimnisvoll im glitzernden Licht eines vollen Mondes. Die Wasseroberfläche wirkte wie ein Spiegel, der die Wolken und den Schimmer des Erdtrabanten wiedergab. Eine glatte, reglose Fläche, die weder von aufsteigenden Luftblasen noch von Fischen, Wasserläufern oder sonstigen Wesen in ihrer anmutigen Ruhe gestört wurde. Auf manch einen mochte dieser Frieden angenehm wirken. Diese Ruhe, die so selten war auf der Insel. Diese absolute Stille, in der man die berühmte Nadel hätte fallen hören können, egal, wo man sich gerade befand. Ja, es hätte sicherlich auf viele Menschen sehr erholsam und beschaulich gewirkt. Manche hätten sich vermutlich sogar dafür eingesetzt, dass dieser Frieden, diese Ruhe Bestand hatten. Doch jenes filigrane Wesen, welches nun über den See schwebte und nahezu angsterfüllt um sich schaute, wusste, dass diese Ruhe enden musste. Denn sie war nicht normal, war nicht heilig und friedlich. Sie war böse und von einer Magie heraufbeschworen, die so viel stärker war als seine eigene. Auch wenn es noch nicht genau wusste, wer hierfür die Verantwortung trug, spürte es doch den Odem des Bösen mit jedem Atemzug seiner kleinen, durch die dünne Haut schimmernden Lungen. Das Flügelpaar, welches das Wesen auf seinem Rücken trug, bewegte sich heftig. Schneller als es nötig gewesen wäre, um sich in der Luft zu halten. Dieses rasche Schlagen der Flügel war ein weiteres Indiz für die Angst, welche das Wesen bei dem empfand, was es erlebte. Sein sanfter Körper bebte, seine Augen schauten schreckgeweitet hinüber zum Rande der Lichtung, in deren Mitte der See lag, der von einem kleinen Wasserfall gespeist wurde. Bäume erhoben sich dort am Rand, hoch und mächtig. Aber da ihre Äste nicht wie sonst vom Wind geküsst wurden, da sich ihre Wipfel nicht neigten und die Blätter nicht raschelten, wirkten die Bäume wie versteinerte Riesen, die mit ihren langen Armen in alle nur denkbaren Richtungen greifen wollten. Das Wesen, welches nun die Mitte des Sees erreicht hatte, schaute ihnen ängstlich entgegen. Es wusste, dass es etwas unternehmen musste. Ihm war klar, dass es allein keine Chance hatte gegen das, was über die Insel kroch. Und das Wesen wusste exakt, wen es um Hilfe bitten musste. Die Flügel schlugen noch heftiger, als es sich in Bewegung setzte und über den See zu den Bäumen flog. Es waren nur Bäume. So, wie sie schon immer dort gestanden hatten, zwischen denen es schon so oft hindurch geflogen war. Ausgelassen beim Toben mit Freunden oder auch, um Nahrung zu sich in die Unterwelt zu holen. Denn dort, tief unter der Erde, lebte das Wesen mit Seinesgleichen in einer Stadt, die noch kein Mensch jemals erblickt hatte und auch niemals erblicken sollte. Ausgenommen vielleicht jener Frau, zu der das Wesen nun unterwegs war. Sie war im Stande, es zu beschützen. Sie war in der Lage, der Magie zu widerstehen, und sie wusste vielleicht, wie man dem drohenden Unheil entgehen konnte, welches sich über die Insel auszubreiten drohte.


Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Während Jaqueline die Weihnachtstage ungestört bei ihren Eltern in Andernach verbringen möchte, ereignen sich in Avalon mysteriöse Dinge: eine Elfe wird tot aufgefunden! Gleichzeitig wird die Grenze zum Land der Goblins von Pflanzen überwuchert und eine kleine Expedition der Kriegerin Joyce McCumail und ihrer Schülerin Arlyne zeigt, dass sämtliche Goblins getötet wurden. Ein Grund zur Krisensitzung auf Avalon mit dem Zauberer Merlin, der Herrin vom See, dem Tuathan Roc und der Fee Brenna. Diese Besprechung ergibt, dass wohl ein mächtiger Dämon einige der Tuatha unter seine Fittiche genommen hat, die nun umherwandern scheinbar wahllos töten. Denn auch in Frankfurt werden Prostituierte von Tuatha angegriffen. Linda Zimmerman, die zur Beobachtung einer Hure abkommandiert wurde, wird bei dem Kampf mit einem dieser großen, kräftigen und mit starkem Haarwuchs ausgestatteten Tuatha lebensbedrohlich verletzt. So holt Joyce J.B. ab und reist mit ihr zurück nach Frankfurt, um herauszufinden, ob tatsächlich der mächtige Baphomet hinter dem ganzen Untreiben steckt. Auch wenn die Motive noch völlig unklar sind. Die einzige Spur weist auf einen Menschen, der wohl auch in der ganzen Sache mitmischt. Ist es Jaquelines alter Bekannter, der Satanist Robert Fritz Wagner? Augenscheinlich, denn nicht mal Jaquelines geheimnisvoller Boß bekommt einen Durchsuchungsbefehl für Wagners Haus! Welche Mächte agieren da im Verborgenen?


Meinung:
Der erste Sonderband der Serie erfreut den Leser natürlich schon mit seiner Quantität. Und die hat es zudem noch in sich! Sehr sorgfältig wird in dem Roman auf ein Duell Gut gegen Böse aufgebaut, vor dem sich alle Interessengruppen mit den Gleichgesinnten vereinen. Und so ist der Roman prall gefüllt mit den verschiedensten Figuren, die allesamt Charme und Charakter haben und somit den Leser auch ohne Action am Fließband an die Story fesselt. Viele Figuren wie die Kriegerin Joyce McCumail, der Magier Merlin oder der CIA-Beamte John Harvey - stammen aus dem Buch des Autors Der Kelch von Avalon , welches man aber nicht zwingend gelesen haben muss, da alle nötigen Informationen vorgelegt werden (und das Interesse auf das Buch geweckt wird). Dadurch hat dieser Horror-Roman auch einen großen Batzen Fantasy, aber auch einige Crime - Einflüsse abbekommen, die dem Gesamtergebnis sehr gut stehen! Und Überraschungen gibt es hier zuhauf! Ich will wirklich nicht zuviel verraten, so werfe ich mal einige Kracher ein: Jaqueline leckt Blut, es gibt die Erleuchteten wirklich, Florence O Brien! Wer die Erleuchteten und diese O Brien sind? Den Sonderband lesen es lohnt sich!


Besonderheiten:
Erscheinungsdatum: Dezember 2004
- erster persönlicher Auftritt aller Figuren des Buches 'Der Kelch von Avalon'
- JBs Vorgängerin Florence McCumail taucht auf
- erster Auftritt der 'Erleuchteten'
- Bündnisschließung zwischen den 'Erleuchteten', der SSSK und Robert Fritz Wagner
- Linda Zimmermann wird schwer verletzt
- erste Handlungen in Avalon
- Jaqueline lernt einen Teil des 'Orden von Zion' kennen
- Jaqueline erfährt von einer Vertretung des Hohen Rates in Philadelphia/USA und von der Abteilung STARGATE des CIA


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Hm, ich denke mir anhand der Story, daß der Kerl ein Tuatha - also ein Elfenkrieger - aus Avalon sein soll. Aber schläft der nun oder ist der gar tot? Eigenartiges Bild...


Coverbewertung:
1 Kreuz