Der Hexer Nr. 1: Das Erbe der Dämonen
Der Hexer Nr. 1: Das Erbe der Dämonen


Das Böse war stark in jenen Tagen; allzuschnell erlag der Mensch seinen Lockungen. Doch wisse - ein Mann stellte sich gegen die Dämonen, ein Mann, der ein schreckliches Erbe in sich trug. Er machte sich eine uralte, sagenumwobene Macht zum Feind. Und wurde gnadenlos von ihren Todesboten gejagt. Doch er war nicht wehrlos. Wissen war seine Macht, Magie seine Waffe. Die Menschen mieden ihn ob seiner unheimlichen Kräfte. Und man nannte ihn den HEXER...


von Wolfgang Hohlbein, erschienen am 16.04.1985, Titelbild: Maren

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Am 16. April 1885 erreicht Robert Craven Innsmouth in Neu-England. Ein Brief seines Freundes und Mentor Howard Lovecraft veranlasste ihn England zu verlassen und in die Staaten zu kommen. In der Miscatonic-Universität von Arkham will Howard dem Hexer wichtige Informationen zukommen lassen. Innsmouth entpuppt sich als heruntergekommenes Kaff, in dem anscheinend nur verkrüppelte Menschen leben und ein gutes Dutzend von ihnen greift Robert während einer Kutschfahrt-Pause im Wirtshaus an. Mit Hilfe seiner magischen Kräfte kann Robert die Übermacht zurücktreiben und erfährt von einem einzelnen Mann, der nicht schnell genug fliehen konnte, dass die Dorfbewohner vermeinen ihn zu kennen und hassen, weil er wohl irgend etwas Schreckliches getan haben soll, was nun wie ein Fluch auf sie wirkt. Robert ist verwirrt, doch er beschließt die Sache vorerst dabei zu belassen. In Ermangelung einer Kutsche beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten hat sich der Kutscher nämlich damit aus dem Staub gemacht legt er die restlichen fünf Meilen bis nach Arkham eben zu Fuß zurück. Doch der Schrecken soll damit in dieser Nacht noch nicht zu Ende sein, denn im einzigen Hotel Arkams, in welchem Robert sich einquartiert, gerät er in eine wahrhaftige Todesfalle. Hilflos über einem bodenlosen Abgrund baumelnd wird er von einem Shoggoten angegriffen und sieht seinem Ende bereits ins Auge, als ein blonder junger Mann erscheint und die Bestie mit einem seiner eigenen Shoggotensterne vernichtet. Der Fremde stellt sich als Shannon vor und berichtet Robert, der sich, einem instinktiven Gefühl beugend als Jeff vorstellt, das er unterwegs ist, um einen guten Freund zu suchen, der nach Arkham kommen soll. Auf die Frage, wer dieser Freund sei, antwortet Shannon der wohl ein hervorragend ausgebildeter Magier ist dass es sich um Robert Craven handelt. Robert ist gelinde gesagt überrascht, denn er kennt Shannon nicht, spielt dessen Spiel aber unter falschem Namen mit und bricht am nächsten Tag gemeinsam mit ihm zur Miscatonic-Universität auf. Am Miscatonic-River, den die beiden mit einem Ruderboot überqueren wollen, kommt es zu einem weiteren Zwischenfall, denn der Fluss scheint ein gefährliches Eigenleben zu entwickeln und die beiden Männer mitsamt dem Boot verschlingen zu wollen. Robert aktiviert seine Kräfte und kann sich aus dem brodelnden Wasser beinahe mühelos befreien, doch Shannon droht umzukommen. Selbst als der Hexer Shannon aus dem Fluss befreien kann, will der Uferschlamm diesen verschlingen. Robert müht sich nach Kräften ab, Shannon zu retten, doch es scheint aussichtslos zu sein, bis plötzlich eine geisterhafte Gestalt am Ufer erscheint und ihn bittet, damit aufzuhören. Es ist Roderick Andara, der seinem Sohn erklärt, dass Shannon ausgesandt wurde, um ihn im Auftrag eines gewissen Necrons zu töten. Robert will nicht das Andara Shannon tötet und vertreibt den Geist seines Vaters. Außerdem ist er gewillt sein magisches Erbe abzulegen, damit er ein einigermaßen normales Leben führen kann und Menschen, die ihm am Herzen liegen, nicht mehr gefährdet oder ihnen Unglück bringt. Er schafft Shannon in die Universität, wo er auf Howard und Professor Lengley trifft, die ihn darüber aufklären, dass die Erlebnisse bei Durness (GK Nr. 587), wo 13 GROSSE ALTE auf die Erde gelangten nur die Spitze des Eisbergs darstellten und ein endgültiges Erwachen dieser blasphemischen Kreaturen wohl kurz bevorsteht. Robert ist verzweifelt und hadert mit seinem Schicksal, als ein neuerlicher Angriff eines Shoggoten, diesmal im Inneren des Universitätsgebäudes, stattfindet und seine Aussichten auf Sieg, praktisch gleich Null sind.


Meinung:
So, da haben wir ihn also. Den ersten Roman der eigenständigen Hexer-Romanserie. Nach den fulminanten acht Bänden innerhalb der Gespenster-Krimi-Serie (und deren bedauerlicher Einstellung) wurde Wolfgang Hohlbein nun dieses Projekt übertragen. Der Großmeister drückt vor Beginn dieses Romans nicht unbedingt auf eine imaginäre Reset-Taste, aber vieles wird doch zu einem Neubeginn, denn zwischen den Ereignissen im GK Nr. 595 und denen, die in dem vorliegenden Roman beschrieben werden, liegen fast ein Jahr, in denen sich der junge Hexer wohl ausgiebigen Studien hingab und sein magisches Erbe zumindest ein klein bisschen schulte. Die Schilderungen in Innsmouth (wohl eine kleine Referenz an Lovecrafts Schatten über Innsmouth ) und dem Hotel in Arkham sind spannend und unheimlich geschildert, doch irgendwie fehlt so der letzte Kick. Die Geschehnisse spulen sich m. E. ein klein bisschen zu schnell ab, ohne dabei nun vollkommen schlecht zu sein, denn bereits in diesem ersten Band führt Hohlbein die Grundlagen für einige der interessantesten Storybögen der Serie ein. Da sind zum einen die ersten Auftritte von Necron und Shannon, wobei letzterer noch eine besondere Stellung innehält. Immerhin wird er Robert nun als Gefährte zur Seite gestellt, versehen mit beachtlichen magischen Fähigkeiten und einem großen Können als Kampfsportler. Doch er hat auch die Funktion eines Damoklesschwertes, denn sobald er die wirkliche Identität des vermeintlichen Jeff Williams erfährt, wird er alles unternehmen, um ihn umzubringen. Also keine günstigen Voraussetzungen für Robert Craven. Ein weiterer interessanter Aspekt ist das Bündnis zwischen DeVries und dessen Organisation mit Necron und dessen Leuten, die anscheinend nur darauf zielt, Robert zu vernichten. Aber bereits in diesem ersten Band macht Necron ja klar, dass das wahre Ziel von DeVries und seinen Hintermännern, etwas oder jemand ganz anderer ist. Also, die Serie startet actionreich durch, aber von der Dichte der Atmosphäre her etwas gebremst wirkend. Hohlbein legt den Grundstein für spannende Verwicklungen, die schon jetzt bewirken, dass man sich fragt, wie es wohl weitergehen mag. Alles in Allem gute, aber eben nicht brillante oder gar geniale Horrorkost.


Besonderheiten:
Erster Roman der eigenständigen Hexer-Serie.
Erster Auftritt von Shannon.
Erster Auftritt von Necron.
Erster Auftritt von DeVries.
Robert erhält den magischen Stockdegen seines Vaters.
Ein Teil der Handlung spielt in Innsmouth und Arkham (Schauplätzen von Romane H. P. Lovecrafts).


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Also das Cover gefällt mir wirklich. Er vermittelt eine gewisse Atmosphäre und stellt auch tatsächlich eine Szene innerhalb des Romans dar. Ich kann nichts daran aussetzen und gebe gerne


Coverbewertung:
4 Kreuze
Rezension von Olsen:


Kurzbeschreibung:
Etwa ein Jahr ist vergangen seit den Ereignissen im Sanatorium des Dr. Baltimore (s. GK 595). Robert Craven hat seine geliebte, von einer Hexe besessene, apathisch in die Gegend glotzende Priscylla mit nach London genommen. Dort hat er ... Tja, was hat er dort? Wir wissen es nicht! Wir wissen nur, dass er jetzt – ein Jahr später – auf Bitte seines Freundes H.P. Lovecraft nach Amerika reist, um dort an der Miscatonic-Universität seine Hexer-Kräfte zu schulen. Er macht Zwischenstation in dem kleinen (und sehr merkwürdigen) Ort Innsmouth, in dem offensichtlich ausschließlich Krüppel leben, die glauben, Robert zu kennen, und ihn abgrundtief hassen. Nur mit Mühe kann Robert entkommen. In der Nacht erreicht er endlich Arkham, das Ziel seiner Reise – und gerät gleich in eine gefährliche Falle. Im letzten Augenblick kann er von einem jungen Mann namens Shannon gerettet werden. Robert ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Shannon ein Magier ist, der von zwei bösen Buben namens DeVries und Necron ausgesandt wurde, um Robert Craven zu töten. Allerdings ahnt auch Shannon nicht, wen er da gerade gerettet hat – Robert hat nämlich seine verräterische weiße Haartolle gefärbt. Robert merkt jedoch ziemlich schnell, dass irgend etwas nicht stimmt: Als er sich selbst einem unerklärlichen Impuls folgend als Jeff vorstellt, teilt Shannon ihm nämlich mit, dass er auf der Suche nach einem Freund sei – einem Mann namens Robert Craven. Robert ist zurecht verdutzt, spielt das Spiel jedoch weiter mit. Die beiden machen sich von Arkham aus auf den Weg zur Miscatonic-Universität und werden auf einem Fluss prompt wieder von geheimnisvollen Kräften angegriffen. Shannon verliert das Bewusstsein, Robert kann sich und seinen neuen „Freund“ jedoch ans Ufer retten. Dort droht Shannon im Sand zu versinken. Robert sieht den Urheber des Angriffs am Ufer stehen: Es ist der Geist seines Vaters, Roderick Andara. Roderick erklärt seinem Sohn, dass Shannon ein mächtiger Magier mit einem Mordauftrag sei. Dennoch versucht Robert, seinen Vater von dessen Vorhaben abzubringen, was ihm auch gelingt – und die Verwirrung komplett macht, denn nun hält Shannon den Magier mit dem weißen Haarblitz (also Roderick) für Robert.
Robert bringt den Verletzten zur Universität. Dort erfährt er von Howard und einem Mann namens Langley, dass die 13 Großen Alten, die bei Durness in unsere Welt gelangt sind (siehe GK 587), wohl schneller erwachen als zunächst erwartet. Und während Robert noch mit sich selbst und dem Schicksal hadert, erfolgt auch schon der nächste Angriff: Ein Shoggote, der zunächst in der Gestalt von Roberts Verlobter Priscylla auftritt, versucht den Hexer zu töten. Und wieder ist es Shannon, der sein ihm noch unbekanntes Mordopfer rettet. Dadurch gerät wiederum er in tödliche Gefahr – und wird von Robert gerettet. Und nachdem sich nun alle schon ganz oft gegenseitig gerettet haben, beschließen sie, sich fortan ganz doll lieb zu haben. So lieb, dass Shannon seinem neuen Freund „Jeff“ gesteht, dass dieser Robert Craven, den er sucht, gar kein Freund ist, sondern dass er ihn töten will. Und so endet dieser erste Band der eigenständigen Hexer-Reihe völlig zurecht mit einer Feststellung Howards: „Er hält deinen Vater für dich ... und dich für seinen Freund. Ich glaube, du hast ein Problem, Robert.“


Meinung:
Wolfgang Hohlbein hatte mit diesem Roman eine schwierige Gratwanderung zu bewältigen. Auf der einen Seite musste er alle Neuleser dieser funkelnagelneuen Serie packen und an die Serie fesseln, ohne dabei allzu viel Wissen aus den alten Gespensterkrimi-Bänden vorauszusetzen, auf der anderen Seite wollten die alten Leser natürlich wissen, wie die offenen Gespensterkrimi-Fäden verknüpft werden – und er hat sich, zumindest noch bei diesem ersten Band, auf die Seite der Neuleser geschlagen. So erfährt der Altleser zwar in einem Nebensatz, dass Robert inzwischen mit Priscylla verlobt sei, wie es ihr allerdings im letzten Jahr ergangen ist, wird verschwiegen. Die Fragen, ob sie noch besessen ist, ob sie noch apathisch ist, was Robert überhaupt in diesem Jahr so getrieben hat, werden vollständig übergangen. Ich habe allerdings die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie zumindest teilweise in den nächsten Bänden geklärt werden. Stattdessen klöppelt Hohlbein gleich ein paar neue Handlungsstränge, die er komplett alle offen lässt (und bindet den Leser so an die Serie). Der ganze Roman lebt eigentlich hauptsächlich von dem spannungsgeladenen, weil auf falschen Voraussetzungen aufbauenden Verhältnis zwischen Robert Craven und Shannon. Die Tatsache, dass Shannon am Ende des Bandes immer noch nicht weiß, dass sein neuer Freund eigentlich sein Opfer sein sollte, aber auch die vielen aufgeworfenen Fragen (Welchen Hintergrund haben die Bösewichter DeVries und Necron? Welches Interesse hat insbesondere DeVries an Roberts Tod? Welche Ereignisse führten zum Hass der Bürger von Innsmouth?) und die Andeutungen, dass die Großen Alten gerade erwachen, schaffen einen hervorragenden Grundstock für eine komplex aufgebaute Serie.
Ein Kreuz muss ich aber leider dennoch abziehen. Das liegt zum einen daran, dass ich mir eben doch eine etwas nahtlosere Anknüpfung an die alten Romane gewünscht hätte (oder zumindest etwas aussagekräftigere Andeutungen über das vergangene Jahr). Zum anderen führt die Mühe, die sich Hohlbein damit macht, nicht verknüpfte Fäden und offene Handlungsstränge vorzubereiten, dazu, dass der ganze Band eigentlich keine wirkliche Geschichte erzählt. Vielmehr wirkt er wie der Prolog zu einem umfangreichen Roman – was er, wenn man so will, ja auch ist.


Besonderheiten:
Neue Figuren in der Serie: Shannon, DeVries, Necron


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Gefällt mir eigentlich ganz gut. Lediglich Roberts Gesichtsaudruck erinnert mich an einen Gallenstein-Patienten. Ansonsten aber schön stimmungsvoll.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Die Frau vom Titelbild wurde auch noch auf dem Cover der Dämonenkiller-Neuauflage Nr. 124 verwendet:

Dämonenkiller Nr. 124 Die Königin der Nacht (Neuauflage)


Und auch auf dem Vampir-Horror-Roman Nr. 278 war sie abgebildet:

Vampir-Horror-Roman Nr. 278: Alle Menschen müssen sterben