Geisterfänger Nr. 24: Der seltsame Geist von Whitehall-Place

Geisterfänger Nr. 24: Der seltsame Geist von Whitehall-Place


Der Schrecken der Nacht stand Agnes Moorland noch deutlich im Gesicht, als sie bei ihrer Schwester ankam. Die beiden hatten sich nie verstanden und wäre nicht die Sache mit dem Geist gewesen, wäre sie bestimmt nicht zu Phyllis gegangen. In den letzten Jahren waren die Ansichten ihrer Schwester nicht besser geworden. Phyllis war eine alte Jungfer, grimmig, abweisend, schweigsam und empfindlich nervös. "Ein schöner Tag heute, nicht wahr?" sagte Phyllis, als ihre Schwester zur Tür hereinkam. Agnes bestätigte, daß es ein schöner Tag sei. "Er wäre noch schöner", fügte sie hinzu, "wenn er mir nicht durch diesen verdammten Geist in Whitehall verdorben worden wäre. "Sprich in meinem Haus nicht von Geistern", erwiderte Phyllis mit einem lächelnden Schaudern. "Ich sagte erst gestern zu Miss Annie, meine Träume, die ich jetzt jede Nacht habe, bringen bestimmt nichts Gutes - wie recht ich doch hatte - nicht wahr?" Phyllis hatte die Angewohnheit, einzelneWörter stark zu betonen; sie hielt dies für sehr vornehm. Sie war eine kleine, vogelähnliche Frau, deren grellrot gefärbtes Haar so unnatürlich wirkte wie eine Theaterperücke. Das kreisförmig auf den Wangen verriebene Rouge gab ihr das Aussehen einer Fieberkranken, und die blanken runden Augen waren ständig in Bewegung. Gerade jetzt wanderte ihr Blick zwischen Agnes und dem Wasserkessel auf dem Gaskocher hin und her. Phyllis blickte ihre Schwester scharf an. "Was ist denn schon wieder passiert?" "Ich habe ihn gesehen", sagte Agnes. "Sein schreckliches Gesicht, seine langen knöchernen Hände. Er stand vor mir, reglos wie ein geschnitztes Bild und unheimlich wie ein Traum! Sein Kopf war eingerahmt vom schmutzigen Haar, und die Haut auf seinem kantigen Gesicht war gelb und runzelig. Ein gräßliches Gelächter schien seine Züge zu einem ewigen Grinsen verzerrt zu haben.


von William Perry, erschienen am 23.01.2007