Interview mit Oliver Döring

Tilo Schmitz, Frank Glaubrecht und ganz rechts Oliver Döring
CD: Kannst du dich eigentlich noch an deine erste Hörspielkassette erinnern?

OD: Ja, so halb. Ich war so jung, ich weiß nicht mehr sicher, ob das meine Erste war. Das war der Struwwelpeter. Das ist die Kassette an die ich die älteste Erinnerung habe. Da kann ich aber nicht älter als vier oder fünf Jahre alt gewesen sein.

CD: Wie entsteht eigentlich ein Hörspiel?

OD: Das ist so ein komplexer Prozeß, das kann man gar nicht so einfach in eine Antwort packen. Die Ideen gibt ja letztenendes Jason Dark. Ich habe das Heft vor mir, lese das, und versuche mir vorzustellen, wie das im Film aussehen würde. Und meine Aufgabe ist es dann das Heft in einen, das ist ein Wort das ich irgendwann mal kreiert habe, "Hörspielfilm" zu transferieren, so das man, wenn man es hört die Augen schließen kann, und auch gleich die Bilder vor Augen hat. Wie das genau passiert kann ich nicht sagen. Ich weiß natürlich weil ich es schreibe, Regie führe und produziere, wie es sich hinterher anhören kann. Aber es beginnt letztenendes beim Manuskript, das ist der Grundstein dafür.

CD: Also das Manuskript wird erstellt, und dann kommt es zur Auswahl der Sprecher ...

OD: Ja, oder schon währenddessen. Während ich die Geschichten schreibe kann ich mir zum Teil sehr gut vorstellen wer das spricht. Gerade beim Longplayer jetzt war das sehr extrem der Fall. Ich habe mir zum Beispiel , ich wußte natürlich nicht ob er "Ja" dazu sagt, für den Constabler Jones Joachim Tennstedt vorgestellt, oder genauer gesagt, ich habe mir nicht Joachim vorgestellt, sondern seine Stimme, also Bruce Boxleitner. Es hat dann auch wirklich viel Spaß gemacht mit ihm zu arbeiten.

CD: Hast du eigentlich noch andere Serien außer Sinclair gemacht?

OD: Ich komme ja vom Radio ich habe da die "Eins Live Retter" gemacht als Comedy Serie. Wir haben damals aus dieser Serie, weil die ja in NRW so erfolgreich war, eine Hörspiel Adaption gemacht- und die CD ist in Zusammenarbeit mit WortArt entstanden. Das war meine erste große Hörspiel CD. Das war Eine Comedy Sache - bestimmt nicht jedermanns Geschmack, aber das ist bei Comedy immer so.

CD: Warum hast du dich gerade dem nun wirklich nicht einfachen Stoff "John Sinclair" gewidmet an dem sich selbst schon so manche Fernsehregisseure die Zähne ausgebissen haben, und wie bist du an dieses Projekt gekommen?

OD: In der Tat ist es so, das ich, ich glaube es war 1997, schon versucht habe dem Verlag Lübbe, eine Hörbuchfassung zu präsentieren, indem ich von einem Sprecher einen Textauszug aus einem Heft habe einsprechen lassen und mit Sounds unterlegt habe. Zur selben Zeit gab es noch mehrere Kandidaten für eine Adaption der Sinclair Hörspiele, das wußte ich allerdings gar nicht. Das verlief dann irgendwie im Sande. Ich habe dann mit WortArt die Retter-CD gemacht und dann wurde die Sinclair Geschichte wieder aktuell. WortArt und ich waren 1997 bzw. 98 eigentlich Konkurrenten. Wir waren plötzlich zusammen ohne es zu wissen und haben Sinclair gemacht. Es waren also mehrere Umstände. Ich habe immer dran geglaubt, das sich Sinclair für eine gute Hörspielumsetzung eignet.

CD: Wenn du eine deiner Hörspielfiguren sein könntest, welche würdest du auswählen, und warum?

OD: Tja, das Problem ist, ich bin immer sehr realistisch beim auswählen der Hörspielfiguren. Also wenn ich mich mal mich in eine hypothetische Welt versetzen könnte, in der es möglich wäre, das ich auch sprechen könnte, dann wäre ich natürlich John Sinclair. * Lacht * Streiche diese Antwort am besten wieder, das wird nie passieren. [Bemerkung von CD: Nööö, denn es war ja nur eine hypothetische Frage ;-))] Also dazu bin ich wirklich nicht gut genug. Wir haben mit Frank Glaubrecht einen so hervorragenden Sinclair .... Das größte Geschenk für mich ist, wenn ich irgendwo im Internet sehe, das die Leute die Sachen gut finden, denn dafür arbeite ich. Es ist Produkt für die Sinclair Fans, die John Sinclair seit Ewigkeiten lieben und unser ganzes Produktionsteam versucht sein Möglichstes um den Fans gerecht zu werden mit dem Stoff, das sie gute Unterhaltung bekommen. Und wenn wir lesen, es kommt an, es gefällt, auch wenn es den Leuten nicht gefällt, sie es aber begründen können, wir freuen uns über solche Reaktionen. Ich hab eigentlich gar kein Interesse daran eine Rolle zu spielen, es gibt andere Sprecher die viel zu gut sind, als das ich damit konkurrieren könnte.

CD: Du hast bei den Hörspielen eine absolute Starbesetzung. Wie kannst du diese meistens vielbeschäftigten Sprecher für deine Produktionen gewinnen? Geld kann doch nicht alles sein, also was ist dein Geheimnis?

OD: Das ist eigentlich gar kein Geheimnis. Ich schlage meistens vor, wenn ich mir vorstellen kann, wir erarbeiten das manchmal auch zusammen. Natürlich kommen auch Vorschläge aus dem Team. Nana Spier für die Rolle der Ann Baxter kam zum Beispiel von Patrick Simon. Und wenn wir uns dann mal überlegt haben wen wir gerne dafür hätten, dann klemmt sich WortArt eben dahinter und ruft die Leute an und vereinbart das.

CD: Dann müßt ihr aber wirklich jede Menge Stimmen auswendig kennen.

OD: Also wir kennen Agenturen, wir kennen Sprecher, die wiederum andere Sprecher kennen. Ich schätze so wird WortArt das machen. Ich kriege meistens immer nur das endgültige "Okay".

CD: Was ist das peinlichste was dir und dem Team bei den Aufnahmen passiert ist, und ist es wirklich so das "er fickte das Fenster aus der Fassung" Absicht war?

OD: Nein, das ist auch nicht so, er sagte das auch nicht. Es ist eher so, das wenn ihr genau hinhört das man einiges falsch hören kann. Bei Star Wars Episode 1 gibt es auch so eine Stelle, die mir letztens aufgefallen ist. Da sagte einer "Schick den Droiden". Wenn man da will, kann man auch "Fick den Droiden" hören. Wenn man Stimmen mit Musik und Sounds unterlegt ist es oft so, das bestimmte Dinge verschluckt werden. Jeder Satz wird mehrmals eingesprochen, und mehrere Leute hören es gegen. Es ist lustig wenn man es hört, aber es ist wirklich nicht so.

CD: Stimmt, vor allem die Kleinigkeiten sind bei den neueren Hörspielen besser herauszuhören. Als Beispiel: Sinclair bekommt eine über den Kopf und man hört die Vögel leise pfeifen. So lange man es nicht übertreibt kommt so etwas richtig gut.

OD: Da wußte ich wirklich nicht, ob ich das lassen soll, oder nicht. Die Balance zu finden ist manchmal ein Drahtseilakt. Bei den Vögelchen wußte ich nicht, ob ich es da nicht schon übertrieben habe. Mit den Geräuschen ist es eh nicht immer so einfach. Bei der Knochenrutsche zum Beispiel haben wir im Keller von WortArt Holzbretter genommen, diese schräg gehalten, Bambusstäbe draufgelegt und unzählige Male runter rutschen lassen. Wir hatten hinterher ich glaube 20 Minuten lang nur Bambusstäbe die runter rutschen und haben daraus dann diese Sounds designt, die bei der Knochenrutsche am Anfang zu hören sind. Man hört es im Hörspiel kaum, doch es ist wichtig das solche Sachen stimmen.

CD: Gerade das Internet bietet ja unglaubliche Möglichkeiten dem Produktionsteam Feedback über seine Arbeiten zu geben. Schaust du dir eigentlich entsprechende Seiten im Internet auch an?


OD: Unbedingt. Sehr oft sogar. Ich bin wirklich sehr glücklich, das es das Internet gibt, nicht nur, das wir sofort Feedback über die Sachen die veröffentlicht wurden bekommen, sondern auch weil es ehrlich, und sehr direkt ist. Niemand der im Internet etwas schreibt ist gezwungen nett zu uns zu sein. Wir kriegen einfach ungeschminkt die Wahrheit. Ich habe zwar durch meine Arbeit nicht ständig die Möglichkeit im Internet nachzuschauen, aber es interessiert mich brennend was die Leute dazu sagen. Die Seiten der ganzen Webmaster, die heute abend hier sind, sind uns eigentlich alle bekannt.

CD: Du verbringst ja deine hauptsächliche Zeit mit der Produktion der Sinclair Hörspiele. Viele Fans wünschten, es würde noch viel mehr solche qualitativ hochwertigen Produktionen entstehen. Oft werden auch die Rufe nach einer Fortführung der Larry Brent Reihe von Europa laut. Gesetz dem Fall du hättest die Zeit, und das Projekt würde dir angeboten: Würdest du es annehmen?

OD: Nein! Ich glaube nicht. Man muß sich eines vorstellen. Diese Serie war in den 80 Jahren schon so richtig gut. Ich glaube tatsächlich, das man eine solche Serie, wie auch Macabros, die inzwischen als Klassiker anerkannt sind nicht unbedingt fortsetzen muß. Es ist sowieso für mich immer sehr schwierig so etwas darüber zu sagen, da ich bei Sinclair nun mal schon so tief in der Materie drin bin. Das ist nun mal jetzt eine ziemlich hypothetische Sache. Aber ich persönlich kenne die Hörspiele natürlich und finde sie so wie sie sind super, und denke das sie so in Ordnung sind. Natürlich ist das auch reizvoll als Idee, gar keine Frage, aber wie gesagt: Es ist so hypothetisch, das sich diese Frage so nicht stellen wird.

CD: Stimmt, aber war das bei den Tonstudio Braun Produktionen nicht ähnlich?

OD: Ja, irgendwie schon. Bei Tonstudio Braun kam auch noch dazu : Wir wußten vor allem auch, das wir ein Erbe zu tragen hatten. 107 Hörspiele .... und ich wußte, das das Leute uns übel nehmen würden. Wir waren so gespannt als wir die ersten sechs Hörspiel fertig hatten, das wir ins Netz guckten und uns fragten: "Nehmen die das überhaupt an?" oder sagen die "Weg mit euch, Ihr seit nix, haut ab." Aber es war ja nicht so. Es wurde angenommen. Wir sind sehr froh, das das passiert ist. Natürlich gibt es immer Leute, die sagen: Die Tonstudio Braun Hörspiele sind * die * Hörspiele. Da würde ich auch nie etwas dagegen sagen. Unsere sind auch bewußt anders. Wir gehen in eine andere Richtung, sprechen vielleicht nicht unbedingt ein anderes Publikum an, aber machen eben unsere "Edition 2000".

CD: Wobei man diese eigentlich nicht richtig vergleichen kann und sollte ...

OD: Auch das war ein Grund warum wir sie gemacht haben ...

CD: Schade eigentlich das du so wenig Zeit hast. Auch wenn sich die Frage der Fortsetzung der Larry Brent Reihe vielleicht nie stellen wird, wäre es doch eine schöne Vorstellung. Du solltest dich zweiteilen können, dann hättest du zumindest mehr Zeit für so ein Projekt ...

OD: Ach, die Gentechnik schreitet ja voran!!! :)

CD: Hast du eigentlich ein Lieblingshörspiel, das nicht in den WortArt Studios entstanden ist, und hörst du überhaupt die Produktionen anderer?

OD: Ja, ich habe eine Lieblingshörspiel, und zwar ist das die Produktion zu "The Empire strikes back" , also "Das Imperium schlägt zurück" von National Publik Radio. Also genauer gesagt die amerikanische Radiofassung davon. Wobei, mein eigentliches Lieblingshörspiel, das ich jetzt nicht gesagt habe, weil es so alt ist, ist das bekannteste der Welt. "War of the World" von Orson Wells. Das finde ich zeitlos, und unvergleichlich. Mein absoluter "All Time favourite"

CD: Noch nicht mal eine Woche auf dem Markt, und das Interesse an der Sonderedition ist riesig. Die Bezeichnung SE 01 auf der CD läßt vermuten, das ihr noch weitere Highlights plant. Wird diese Spezial-Serie fortgeführt, und wenn ja, gibt es schon Romane die im Gespräch sind?

OD: Das ist die Frage die ich befürchtet habe. Also es ist schon richtig. Sonder Edition 01 bedeutet, das 02 möglich wäre. Ich sage dir aber auch ganz ehrlich: Der Aufwand für diese Sonder Edition war enorm. Dafür hätten wir mehrere andere Folgen produzieren können. Es war von der "Man-Power" her ein Riesenaufwand, finanziell ein Riesenaufwand, wir haben spezielle Musik komponieren lassen dafür, wir haben neue Sounds eingekauft, wir haben wirklich an allen Ecken und Enden das Beste gegeben und wenn wir so etwas noch mal machen, dann muß es sehr gut überlegt sein, was wir dann machen. Ich denke das wir mit der Sonder Edition die Möglichkeit habe, Geschichten zu erzählen, die wir in den normalen Folgen nicht erzählen konnten. Das bedeutet, das unter Umständen tatsächlich die Romane veröffentlicht werden, in denen wichtiges passiert. Der "Anfang" war absolut wichtig, und es war auch meine Hoffnung, das wir den nehmen können als Sonderedition 01 und was in Zukunft passiert wird mit Sicherheit davon abhängig sein ,wie sich diese Sonderedition verkauft und wie es ankommt. Wobei wir das ja schon einigermaßen wissen, wir haben sehr gute Resonanzen darauf, da freuen wir uns sehr darüber. Wenn es weitergeht mit Sicherheit nicht so schnell, aber wir werde uns bemühen, wenn es eine zweite SE gibt, das Niveau zu halten. Oder sogar noch ein bißchen besser zu werden.

CD: Wie wäre es mit "Macht und Mythos", der Folge in der John sein Kreuz erhält?

OD: Ist interessant, wobei das natürlich auch ein Kandidat für die reguläre Serie wäre.



Vielen Dank für dieses Interview an Oliver Döring. Die Mitarbeiter von www.gruselromane.de wünschen alles Gute für die Zukunft!!!